Überfall auf SOS-Kinderdorf in der Zentralafrikanischen Republik
Den Mitarbeitern des Kinderdorfes, wo 110 Kinder leben, die sich beim Überfall mit ihren Müttern unter Tischen und Betten versteckten, sei sämtliches Bargeld abgenommen worden. Die Bewaffneten drohten dem Direktor mit dem Umbringen.
Bangui, Innsbruck, Wien - Die Zentralafrikanische Republik kommt nach der Einsetzung von Putschistenführer Michel Djotodia als Präsident nicht zur Ruhe. So überfielen Séléka-Rebellen am Sonntag das SOS-Kinderdorf in der Hauptstadt Bangui. Die Séléka-Rebellen unter Djotodia hatten Bangui am 24. März eingenommen, der bisherige Staatschef François Bozizé floh ins Ausland.
Die Rebellen hätten am Wochenende alle Häuser der Vorortssiedlung Ouango nach Waffen durchkämmt, berichtete SOS-Kinderdorf in einer Aussendung am Mittwoch. Einige Jugendliche flohen demnach vor den Männern in die Hügel rund um das Kinderdorf. Die Rebellen verfolgten sie und dehnten ihre Razzia kurzerhand auf das Kinderdorf aus.
In Folge hätten die Rebellen vier Autos, mehrere Computer und andere technische Geräte mitgenommen; den Mitarbeitern des Kinderdorfes, wo 110 Kinder leben, die sich beim Überfall mit ihren Müttern unter Tischen und Betten versteckten, sei sämtliches Bargeld abgenommen worden. Die Bewaffneten drohten dem Direktor mit dem Umbringen.
Keine Verletzten im Kinderdorf
Der Generalsekretär von SOS-Kinderdorf International, Richard Pichler, verurteilte das Vorgehen der Séléka: „Dieser Angriff auf das SOS-Kinderdorf Bangui bricht das Völkerrecht. Kinder haben ein Recht darauf, beschützt zu werden.“ Inzwischen stehen Kinder und Familien unter besonderem Schutz, nachdem die Séléka-Führung und die Wirtschaftsgemeinschaft Zentralafrikanischer Staaten (ECCAS), die nach dem Umsturz Truppen in die Zentralafrikanische Republik geschickt hatte, kontaktiert worden waren, um die Sicherheit der Hilfseinrichtung zu garantieren.
Im Kinderdorf war niemand verletzt worden. Am Wochenende wurden in Bangui allerdings etwa 20 Menschen bei Zusammenstößen zwischen Bewohnern und Rebellen der Séléka-Koalition getötet. Vor SOS-Kinderdorf hatten Ärzte ohne Grenzen in der Zentralafrikanischen Republik von Plünderungen von Gerätschaften, Medikamenten, Bargeld und Fahrzeugen und von Überfällen auf ihre Teams berichtet. Die Zivilbevölkerung erhalte so dringend benötigte humanitäre Hilfe nicht, warnte die Organisation vor dramatischen Folgen. Hilfsmannschaften seien aus Sicherheitsgründen teilweise aus ihrem Einsatzgebiet evakuiert worden. Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) beklagte, dass bei den chaotischen Zuständen im Land immer mehr Kindersoldaten rekrutiert würden.
SOS-Kinderdorf-Familien sollen vorerst nicht evakuiert werden. Das Risiko für Mütter und Kinder, erneut in brenzlige Situationen verwickelt zu werden, sei zu hoch. (APA)