Tiroler Richter nach Medien-Kontakt disziplinarrechtlich verurteilt
OGH: Auskünfte in Verfahren, an denen Richter selbst mitwirken, sind verboten.
Wien/Innsbruck - Ein Richter, der in einem Zivil- oder Strafverfahren, an dem er selbst mitwirkt, Medienkontakte unterhält und Auskünfte erteilt, verhält sich pflichtwidrig. Das hat der Oberste Gerichtshof (OGH) am Mittwoch festgestellt und den disziplinarrechtlichen Schuldspruch für einen Tiroler Richter bestätigt, der im Zusammenhang mit der Causa Natascha Kampusch ein Ermittlungsverfahren gegen fünf teils hochrangige Vertreter der Staatsanwaltschaft wegen angeblichen Amtsmissbrauchs - das Verfahren wurde letztlich eingestellt - geführt hatte.
Der Richter hatte während der laufenden Ermittlungen gegenüber einem APA-Journalisten das Verhalten eines Beschuldigten bewertet. Solche „nicht dienstlich veranlasste Äußerungen“ sind für den OGH „nicht nur pflichtwidrig“, sondern „schädigen in erheblichem Maß das Ansehen des richterlichen Berufsstands“, wie das Höchstgericht am Mittwochnachmittag in einer Presseaussendung verbreitete.
Wie Behördensprecher Kurt Kirchbacher in der Aussendung erläuterte, hätte der Richter den Journalisten an die Medienstelle verweisen müssen: „Nach dem Medienerlass des Bundesministeriums für Justiz haben außer dem Mediensprecher oder seinem Vertreter ‚alle anderen in der Dienststelle Tätigen‘ [...] selbst keine Auskünfte‘ an Medien zu erteilen.“ Dieses „strikte Verbot“, über den Inhalt von Zivil- und Strafverfahren direkte Auskünfte an Medienmitarbeiter zu geben, ziele „auf die Sicherung des Vertrauens der Öffentlichkeit in eine von sachfremden Einflüssen unbeeinflusste Rechtsprechung und ist Ausdruck strikter Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit von Richtern“, betonte Kirchbacher.
Zugleich stellte der OGH klar, dass das gemäß der Strafprozessordnung nichtöffentliche Ermittlungsverfahren keineswegs bedeute, dass dieses „geheim“ abzulaufen hätte: „Prozessverhalten von leitenden Staatsanwälten in einem gegen sie selbst geführten Ermittlungsverfahren darf durchaus Gegenstand von Auskunftserteilung durch Medienstellen sein. Sachliche Information stellt sicher, dass Medien ihrer von Art 10 MRK geschützten Rolle als ‚public watchdog‘ gerecht werden können.“
Für den betroffenen Richter, der ein ihn disziplinarrechtlich verurteilendes Erkenntnis des Oberlandesgerichts Innsbruck vor dem OGH bekämpft hatte, erwuchsen aus dem Schuldspruch keine weiteren Sanktionen. Von der Verhängung einer Strafe sah der OGH ab. (APA)