Bissige Abrechnung mit Ansage
Markus Koschuh googelt sich durch Youtube und tischt ein „Landtagsmahl“ aus Wahlk(r)ampf und skurrilen Fundstücken auf.
Von Joachim Leitner
Innsbruck –Wie schlecht es um das heilige Land Tirol bestellt ist, kann nur erahnen, wer Heinos Version von „In Mantua zu Banden“ noch nie gehört hat. Wer indessen einige Takte dieser Tschinbum-Trara-Variante des Liedes kennt, der weiß, wie sich die volkstümelnden Posaunen der Apokalypse anhören und macht sich auf das Schlimmste gefasst: Der Untergang des Alpenlandes muss unmittelbar bevorstehen. Markus Koschuh, der mit seiner bissigen Polit-Revue „Agrargemein“ für frischen Wind in der heimischen Kabarettszene sorgte, wählt ausgerechnet Heinos Vergehen am „stolzen Hofer“ und am guten Geschmack als Intro für sein neues Programm „Landtagsmahl“ – und natürlich gibt dieser Auftakt den Ton für alles Folgende vor.
„Landtagsmahl“ ist eine ins Rampenlicht gestellte Unmutsbekundung über die Tiroler Verhältnisse und eine Abrechnung mit denen, die besagte Verhältnisse zu verantworten haben. Kurz: Es geht um die Politik in Zeiten des Wahlkampfs. Eigentlich geht es weniger um Politik, als vielmehr um die Politiker. Um das, was sie sagen und um das, was sie tun. Vor allem aber geht es um die mitunter beeindruckende Diskrepanz dazwischen. Eine Diskrepanz, die gerade dann besonders augenscheinlich zu Tage tritt, wenn ein Urnengang unmittelbar bevorsteht und professionelles Plakatgrinsen auf das Wissen um Vernaderung und notdürftig überspielte Vorteilsnahme mancher Volksvertreter trifft.
Wenn selbst den neutralen Beobachter der Verdacht beschleicht, dass sich die Wahlkampf-Realität zusehends in eine Satire ihrer selbst verwandelt, ist die allgegenwärtige Posen-Posse eine Einladung für einen findigen Kabarettisten. Aber Markus Koschuh gibt nicht nur den zornigen Bürger, der die Verkommenheit der politischen Kaste anprangert, sondern er nähert sich dem Übel auch von innen.
Im Rahmen einer Landtagssitzung schlüpft er in die Rollen einzelner Politiker, die er präzise parodiert. Vor allem seine Darstellung von Landtagspräsident Herwig van Staa und von Fritz Dinkhauser – der sich als einziger Polit-Promi in die „Landtagsmahl“-Premiere am Mittwoch im Treibhaus wagte – sowie das hintersinnige Jonglieren mit den im Polit-Betrieb gängigen Worthülsen und Stehsätzen bleiben in Erinnerung.
Auch wenn die selbst weniger etablierten politischen Mitwerber ihr Fett weg bekommen, im Zentrum dieses „Landtagsmahls“ steht die Abrechnung mit der amtierenden Regierung. Sämtliche Skandale und Fettnäpfchen lässt Koschuh Revue passieren. Und weil es über die vergleichsweise farblosen Koalitionspartner abseits von Versorgungspostenschacher wenig Pointenträchtiges zu sagen gibt, kriegt vor allem die ÖVP – sowie einige „Abtrünnige“ – eine Breitseite nach der anderen ab. Offensiv wirbt Koschuh für ein Tirol ohne schwarze Regierungsbeteiligung. So wenig überraschend dieses nachvollziehbare Bekenntnis auch sein mag, dem fulminanten Rundumschlag, als der das „Landtagsmahl“ gerade in der ersten Hälfte prächtig funktionierte, tut diese Eindeutigkeit nicht immer gut. Überhaupt flacht Koschuhs Programm in der zweiten Hälfte ab. Hier googelt er sich durch Youtube und präsentiert seine Fundstücke. Mit wirklich Neuem kann er dabei aber nicht aufwarten. Über manche Fotos und Videos, die hier präsentiert werden, wurde schon 2008 ungläubig gestaunt und herzzerreißend gelacht.