Soldatin der ersten Stunde

Karin Pirschner ist Mutter. Und Soldatin. Seit das Bundesheer vor 15 Jahren die Pforten auch für Frauen öffnete, muss sie sich bei ihren männlichen Kollegen immer wieder beweisen.

Von Miriam Hotter

Hochfilzen –In der kleinen Cafeteria in der Kaserne Hochfilzen sitzen Männer in olivgrünen Uniformen an einem Holztisch und trinken Kaffee. Sie haben gerade Pause und plaudern angeregt über ihr letztes Kampftraining. Gerade als einer der Soldaten am Höhepunkt seiner Erzählung angelangt ist, öffnet sich die Tür. Eine Frau betritt den mit Zigarettenrauch gefüllten Raum, tritt an den Oberst heran und salutiert. „Stabswachtmeister Pirschner“, stellt sie sich vor.

Die 49-jährige Steirerin war eine der ersten neun Frauen, die am 1. April 1998 beim österreichischen Bundesheer eingerückt sind. „Als ich gehört habe, dass das Bundesheer nun auch für Frauen zugänglich ist, wollte ich unbedingt hin“, erzählt Pirschner. Damals war sie 34 Jahre alt und alleinerziehende Mutter von zwei Söhnen. Als sich Pirschner entschied, Soldatin zu werden, hätten eigentlich nur die Frauen im 1755-Seelendorf Strass in der Steiermark gestutzt. „Damals war das Rollenbild der Frau noch ein anderes“, nennt sie den Grund. Während ihre Freundinnen in der Küche den Kochlöffel schwangen, trug Pirschner eine Waffe und Pfefferspray um ihre Hüften. An den Anblick mussten sich auch ihre beiden damals 15 und 17 Jahre alten Söhne erst gewöhnen. „Das dauerte aber nicht lange. Für sie war es keine Überraschung, dass ich zum Heer gehen wollte. Es passt einfach zu mir“, sagt sie. Heute ist Pirschner eine von 371 Soldatinnen in Österreich.

Doch wie ist es, als Frau unter so vielen Männern zu sein? „Ich muss mich bei meinen Kollegen beweisen, sei es beim Kampftraining oder bei sportlichen Wettkämpfen. Doch solange ich anpacke und meine Leistung bringe, respektieren sie mich“, sagt die gelernte Bürokauffrau. Schon in der Grundausbildung musste sie alles geben. Der Drill war genau so, wie man es in Militärfilmen zu sehen bekommt: Geschrei, durch den Dreck robben, Kletterwände hochhangeln, durch Hindernis­parcours laufen. „Damals habe ich gelernt, wer ich bin und was ich kann”, erinnert sich die eher zarte Frau an diese harte Eingewöhnungsphase. Pirschner musste immer hart kämpfen, denn sie habe immer dieselbe Leistung bringen müssen, die von ihren männlichen Kollegen erwartet wurde. „Das ist gut so. Ich will keine Extrawürste.“

Der raue Umgangston oder die körperlichen Strapazen gehören für Pirschner zu ihrem Beruf als Militärpolizistin dazu. „Das ist aber nichts für jeden. Von den ersten neun Frauen beim Heer haben sechs nach kurzer Zeit das Handtuch geschmissen“, erklärt sie.

Nicht so Pirschner. Sie sucht die Herausforderung. Deshalb habe sie sich 2010 und 2011 für den Einsatz im Kosovo gemeldet. Dort war sie für sechs Monate unter anderem für die tägliche Patrouille, Verkehrsunfälle oder für die Begleitung von Konvois zuständig. Etwas Schlimmes zugestoßen sei ihr in dieser Zeit nicht. „Andere hatten weniger Glück. Meine Kollegen hatten es mit einem Anschlag zu tun“, erzählt Pirschner. Angst hätte sie nie gehabt. Das liege nicht in ihrer Natur. „Schon als Kind hatte ich keine Angst und habe mich eher wie ein Bub benommen“, erklärt sie. Auf Bäume klettern, raufen und Streiche spielen zählten damals zu ihren Lieblingsbeschäftigungen. „Ich habe immer gesagt: Hoffentlich werden meine beiden Söhne nur halb so wild wie ich“, erzählt Pirschner lachend.

Heute ist die Militärpolizistin in Innsbruck stationiert – ihrer Wahlheimat. „Ich habe meinen Mann 2002 bei einer Fortbildung kennen gelernt. Wegen ihm bin ich ein Jahr später nach Innsbruck gezogen“, erzählt die 49-Jährige und gehört somit zu den 40 Soldatinnen in Tirol.

In der Standschützen-Kaserne am Innsbrucker Flughafen ist sie die einzige Frau von insgesamt zwölf Soldaten bei der Militärstreife. Auch wenn in den Medien immer wieder die Rede von interner sexueller Belästigung war, habe Pirschner nie schlechte Erfahrungen dieser Art gemacht. „Mir sind zwar Fälle bekannt, doch ich selbst hatte nie Probleme“, räumt Pirscher ein.

Obwohl verschiedene Studien zeigen, dass Soldatinnen nicht lange beim Heer bleiben, ist Pirschner überzeugt: „Es gibt keinen schöneren Beruf.“ Für die Zukunft wünscht sie sich, noch eine Sprosse weiter auf der Karriereleiter zu kommen. „Ich möchte die Ausbildung zur Sonderermittlerin machen. Das wäre die nächste Herausforderung.