Italien

Suche nach neuem Präsidenten: Linke schickt Prodi ins Rennen

Die fieberhafte Suche nach einem neuen italienischen Präsidenten geht weiter. Bekommt auch im dritten Wahlgang kein Kandidat die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit, genügt ab dem vierten die einfache Mehrheit. Das Mitte-links-Bündnis schlug nun den früheren Premier Romano Prodi als neuen Kandidaten vor.

Rom – Das italienische Parlament setzt am heutigen Freitag die Suche nach einem neuen Präsidenten fort. Die beiden Parlamentskammern traten um 10 Uhr zum dritten Wahlgang in Folge zu einer gemeinsamen Sitzung zusammen, um einen Nachfolger für Staatsoberhaupt Giorgio Napolitano zu wählen, dessen siebenjährige Amtszeit am 15. Mai zu Ende geht. Bekommt kein Kandidat die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit von 672 Stimmen, genügt ab dem vierten Wahlgang die einfache Mehrheit. Bisher zeichnet sich kein Favorit ab.

Linke schickt Prodi ins Rennen

Die Mitte-Links-Allianz schickt nun den Ex-EU-Kommissionspräsidenten Romano Prodi ins Rennen. Der Chef der Demokratischen Partei (PD), Pierluigi Bersani, schlug am Freitag den zweimaligen Premier als neuen Kandidaten vor.

Fraglich ist, ob die Mitte-Rechts-Allianz um Ex-Premier Silvio Berlusconi Prodis Kandidatur unterstützen werden. Berlusconi hatte sich zuletzt ausdrücklich gegen die Kandidatur des 73-Jährigen ausgesprochen. Beim dritten Wahlgang.

Eine Enttäuschung erlebte am Donnerstag Ex-Senatspräsident Franco Marini, der als Favorit mit der Unterstützung der stärksten politischen Blöcke ins Rennen um das Amt des Staatsoberhauptes gegangen war. Marini erhielt bei der ersten Abstimmung für die Wahl des Präsidenten 521 Stimmen. Der Kandidat der Protestbewegung „Fünf Sterne“, der angesehene Jurist Stefano Rodotá, schaffte es auf 240 Stimmen.

Beim zweiten Wahlgang gaben die meisten Parlamentarier der stärksten Gruppierungen leere Stimmzettel ab, um mehr Zeit für politische Sondierungen zu gewinnen. Rodotá war beim zweiten Wahlgang mit 230 Stimmen der meistgewählte Kandidat. Mitte-Links-Chef Bersani versicherte, dass er einen neuen Vorschlag für einen tragfähigen Kandidaten vorlegen wolle. Er führte am Donnerstagabend Gespräche mit Berlusconis Mitte-Rechts-Block und mit Vertretern des Zentrumsblocks „Scelta Civica“ um den scheidenden Premier Mario Monti. Bersani ist parteiintern ziemlich unter Beschuss geraten.

Ergebnis am frühen Nachmittag

An der Wahl des Staatschefs nehmen in Rom insgesamt 1007 Wahlmänner und -frauen teil. Es sind dies die 630 Abgeordneten und 319 Senatoren (darunter vier Senatoren auf Lebenszeit) sowie 58 Delegierte aus den 20 italienischen Regionen. Die Kandidaten werden von den Parteien vorgeschlagen. Mit einem Ergebnis des dritten Wahlgangs ist am frühen Nachmittag zu rechnen.

Die Wahl des Staatspräsidenten könnte auch den Weg zu vorgezogenen Parlamentswahlen freimachen, nachdem es bei dem Urnengang im Februar zu einem politischen Patt mit unterschiedlichen Mehrheitsverhältnissen in Abgeordnetenkammer und im Senat gekommen war. Der scheidende Präsident Napolitano darf nämlich laut der italienischen Verfassung in den letzten sechs Monaten seiner Amtszeit keine Neuwahlen ansetzen. (APA/tt.com)