Den Krieg im Nacken, die Freiheit im Kopf
Die [K2]-Produktion „Krieg. Stell dir vor, er wäre hier“ besticht mit beklemmender Bombenstimmung.
Innsbruck –In Österreich herrscht Krieg. Mit allem Drum und Dran. Häuser werden zerbombt, Menschen getötet und Begriffe wie Freiheit und Friede ins Eck gekehrt. Das Land der Berge wird über Nacht zum Territorium der Angst. Hier zu leben, kann bedeuten, bald zu sterben. Von hier wegzugehen, bedeutet, sein altes Leben zu Grabe zu tragen, ein Heimatloser zu werden, ein Flüchtling und Bittsteller, ein Mensch zweiter Klasse. Und wer will das schon sein?
Die dänische Schriftstellerin entwirft in ihrem Text „Krieg. Stell dir vor, er wäre hier“ ein Szenario, das friedensverwöhnten Mitteleuropäern einen Spiegel vors Gesicht hält. Und bewusst macht, welch unfassbar unmenschliche Folgen Kriege nach sich ziehen. Zum Opfer wird nämlich nicht nur der, der im Bombenhagel stirbt, sondern auch der, der überlebt – und versucht, den Horror hinter sich zu lassen. Der namenlose Protagonist von Tellers Stück, das am Donnerstag in der behutsamen Regie von Claudia Holzknecht im [K2] Premiere feierte, weiß auch nicht wohin. Sergej Gössner spielt diesen Jugendlichen, dem der Krieg Gegenwart und Zukunft raubt, mit eindringlicher Körperlichkeit. Ab und zu wird auch das Publikum zum Mitspieler, etwa wenn unter den Stühlen (Bühne und Kostüme: Julia Scheeler) ein gefälschter Parteinachweis versteckt ist. Mit diesem ausgestattet findet der Flüchtling, der lieber Österreicher geblieben wäre, Asyl in Ägypten. In einem Zeltlager, wo er zum Nichtstun verdammt ist und wo er von einem Zuhause träumt, das es so nicht mehr gibt. Denn als der Krieg vorbei ist, wird er in Österreich als Feigling verdammt – als einer, der sein Land im Stich gelassen. Die Frage nach dem Wohin bleibt also aufrecht.
In Tirol leben zurzeit 1500 Asylwerber aus 40 Nationen, die ihre Heimat hinter sich lassen mussten. Weil der Krieg tatsächlich hier war. Und nicht nur in einer Vorstellung. Von der man froh ist, dass sie nach 40 Minuten wieder vorbei ist. (fach)