Heiß-kalt für den Standort Tirol
Licht und Schatten gibt es im Bundesländervergleich für den Wirtschafts- und Arbeitsstandort Tirol. Das Zeugnis sieht recht wechselhaft aus, dementsprechend bietet es für alle Seiten reichlich Wahlkampfstoff.
Von Alois Vahrner
Innsbruck –„Tirol ist oben“ und „Tirol hat Arbeit“, plakatiert die ÖVP, während die meisten Herausforderer zu hohe Preise und zu niedrige Löhne im Land anprangern. Die TT hat den Standort Tirol abseits der politischen Schwarz-Weiß-Malerei unter die Lupe genommen:
Landesfinanzen: Der Schuldenstand des Landes hat sich in der abgelaufenen Legislaturperiode verdoppelt – auch als Folge von Programmen gegen die Finanz- und Wirtschaftskrise. Die knapp 290 Mio. Euro Schulden (etwa 400 Euro pro Kopf) sind im Bundesländervergleich neben Vorarlberg am niedrigsten, 2011 gab es einen Budgetüberschuss, im Vorjahr und voraussichtlich auch heuer ausgeglichene Budgets. Im Gegensatz zu Salzburg gibt es laut Landesfinanzabteilung keine Spekulation, sondern nur je vier fix und variabel verzinste Darlehen, allesamt in Euro.
Familiensilber: Tirol hat derzeit mit Energieversorger (Tiwag), Landesbank (Hypo) und Wohnbauförderung als einziges Bundesland noch nichts vom Familiensilber abverkauft – und damit ein Vermögen in Milliardenhöhe in der Hand.
Hypo-Probleme: Im Wahlkampf wird vor italienischen Verhältnissen gewarnt, die Hypo hat bei ihrem Expansionskurs in Italien (und Bayern) einen dreistelligen Millionenbetrag versenkt. Gerettet werden musste die Bank über eine 220-Millionen-Spritze des Landes, die von der Schwester Tiwag bereitgestellt werden musste. Das Hypo-Rating fiel, der Wert der Bank noch stärker. Die Sanierung läuft, mit ersten Erfolgen. Gelingt diese am Ende aber nicht, ist ein Hypo-Verkauf unausweichlich.
Warten auf Kraftwerke: Das wichtigste Landesunternehmen Tiwag hat laut E-Control die günstigsten Strompreise aller Bundesländer und ist mit Gewinnen um die 100 Mio. Euro auch sehr lukrativ. Vor neun Jahren wurde der Bau von großen Wasserkraftwerken angekündigt, bis zu einem möglichen Baubeginn nach langen UVP-Verfahren werden noch Jahre vergehen. Zudem gibt es immer wieder Probleme bei der Absicherung der umstrittenen Cross-Border-Deals mit US-Investoren. Dass hier eine Finanzbombe tickt, wird von Land und Tiwag dementiert.
Gute Wirtschaftsdaten: Tirol ist in den letzten 15 Jahren gleich 13-mal kräftiger gewachsen als Gesamtösterreich. Zuletzt hat das EU-Statistikamt Eurostat Tirol unter die Top-50-Regionen der EU gereiht. Die Arbeitslosigkeit ist in Tirol gestiegen, aber schwächer als in anderen Bundesländern. Die Arbeitslosenquote liegt unter dem Schnitt.
Rekorde und Alarmsignale: Die Tiroler Industrie meldet Höchststände bei Beschäftigten und Exporten, Tourismus und Seilbahner (30 % bzw. 50 % des österreichischen Gesamtumsatzes) haben die wohl beste Wintersaison in der Geschichte erreicht. Zuletzt stieg aber die Zahl der Pleiten, die AUA sperrt die Tyrolean-Verwaltung – ein schwerer Schlag für Tirol, auch als Sitz von Zentralen. Einige größere und große Firmen wie Swarovski streichen Jobs, der Seilbahnriese Leitner droht wegen des bisherigen Windkraft-Neins des Landes mit dem Aus für das fast neue Pistengeräte- und Windräder-Werk in Telfs.
Vorletzter bei Löhnen: Von der Wirtschaft als „Loch Ness“-Meldung gerne verharmlost sind die jährlichen Einkommensvergleiche. Laut Hauptverband der Sozialversicherungsträger liegt Tirol beim Bruttoeinkommen nur an achter und damit vorletzter Stelle aller Bundesländer, laut Lohnsteuerstatistik (allerdings weder um Teilzeit- noch Saisonjobs bereinigt, was das Tourismusland Tirol besonders trifft) sogar auf dem letzten Platz.
Hochpreisland: „Tirol ist oben“ gilt neben anderen Wirtschaftsdaten zum Leidwesen der Tirolerinnen und Tiroler auch bei vielen Preisen. Neben den laut AK-Preistests höchsten Treibstoff- und Gastronomiepreisen Österreichs trifft dies vor allem aufs Wohnen zu. Sowohl die Kosten für Grundstücke als auch Mieten liegen im Spitzenfeld, die teuersten Wohnpflaster sind Innsbruck und Kitzbühel.