Boston-Anschlag

Streit um Rechte des Verdächtigen – Attentäter droht Todesstrafe

Ein Bundesgericht könnte einem Antrag der Staatsanwaltschaft nach der Todesstrafe nachkommen, obwohl diese in Massachusetts abgeschafft ist.

Washington/Boston - Dem mutmaßlichen Boston-Attentäter Dzhokhar Zarnajew (Tsarnaev) droht unter Umständen die Todesstrafe. Auch, wenn diese im betroffenen Bundesstaat Massachusetts abgeschafft ist, könnte ein Bundesgericht einem entsprechenden Antrag der Staatsanwaltschaft nachkommen. Nach dem Bundesgesetz kann Generalstaatsanwalt Eric Holder die Entscheidung fällen, nachdem das Justizministerium sämtliche Aspekte der Tat und des Hintergrunds des Verdächtigen sorgfältig analysiert hat.

Bereits kurz nach der Festnahme Zarnajews am Freitag (Ortszeit) hatte das Justizministerium erklärt, dass der 19-Jährige zunächst „ausführlich“ ohne Aufklärung über seine Rechte und ohne Beisein eines Anwalts verhört werden soll, sobald sein Gesundheitszustand es zulässt. Die Ermittler weichen damit von juristischen Standards ab, die ein Zusatz der US-Verfassung festlegt.

Die nach einem Rechtsfall von 1966 bezeichneten „Miranda“-Rechte müssen einem Beschuldigten nach dem Verfassungszusatz vor seiner Befragung vorgelesen werden. Darin heißt es, dass ein Beschuldigter unter anderem das Recht zu schweigen genießt. Er hat das Recht auf die Erläuterung, dass seine Aussage vor Gericht gegen ihn verwendet werden kann. Und er lernt, dass er bei dieser und weiteren Befragungen einen Anwalt hinzuzuziehen kann - unter Umständen auch auf Staatskosten.

Die Regierung von Präsident Barack Obama hebelte den Gesetzeszusatz im Rahmen der Terrorbekämpfung jedoch gelegentlich aus. Nach dem vereitelten Bombenanschlag auf dem New Yorker Times Square schuf sie - ohne große Proteste - vor zwei Jahren eine Ausnahmeregelung. Die „Miranda“-Rechte können danach ausgesetzt werden, wenn unmittelbare terroristische Gefahr besteht und der Festgenommene als „feindlicher Kämpfer“ eingestuft wird. Ob Zarnajew diesen Status bekommt, blieb zunächst offen.

Wie anonyme Ermittler in US-Medien erklärten, erhoffen sie sich von einer ersten Befragung unter der Ausnahmeregelung für den Geheimdienst wichtige Erkenntnisse. Darunter seien Hinweise auf weitere mögliche versteckte Sprengsätze oder auf Drahtzieher der Tat im Hintergrund.

Bis Sonntag war der schwerverletzte Zarnajew jedoch nach offiziellen Angaben nicht vernehmbar. Es hieß, er könne nicht sprechen und sein Zustand sei kritisch. Der 19-Jährige war unter anderem von einem Schuss in den Nacken verletzt worden. (APA/dpa)

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