Die himmlischen Gebäude Tirols
Abermals öffnen Hunderte Gotteshäuser während der Langen Nacht der Kirchen am 24. Mai ihre Türen. Einer, der alle 1400 Kirchen Tirols bereits besucht hat, ist Walter Rampl. Er erzählt, warum die heimischen Kirchen einzigartig sind.
Von Miriam Hotter
Sonntag. Endlich einmal länger schlafen. Gut essen. Wegfahren. Wunderbar! Der Axamer Walter Rampl widmet diesen Tag jedoch etwas ganz anderem: den Kirchen. Nicht nur, um die Sonntagsmesse am Morgen zu besuchen, sondern er fährt mit seiner Frau Christine durch das ganze Land und fotografiert die sakralen Gebäude. In vier Bänden „Ein Haus voll Glorie schauet“ (erschienen im Eigenverlag) hat der 66-Jährige rund 1400 Kirchen Nord-, Ost- und Südtirols gesammelt – und kennt nicht nur deren Namen, sondern auch ihre ganz individuellen Geschichten.
Eine, die eine ganz außergewöhnliche Geschichte vorweisen kann, ist die Kirche zum heiligen Hieronymus in Langesthei in der Gemeinde Kappl. „Die Langestheier mussten früher immer in die Kirche nach Kappl. Wegen der gefährlichen Wegverhältnisse wollten sie aber eine eigene Kirche haben“, erzählt Rampl. 22-mal, so berichtet es die Überlieferung, soll der Langestheier Bauer Peter Juen zum Bischof von Brixen zu Fuß gegangen sein, um die Baubewilligung zu erhalten.
Als sie diese bekommen haben, schenkte ihnen der Bischof ein überlebensgroßes Kruzifix. Auf ihren Schultern haben es etwa 20 Langestheier 176 Kilometer von Brixen in ihre Heimat getragen. „Wegen der Opferbereitschaft der Langestheier war man so beeindruckt, dass in allen Dörfern des Vinschgaus, durch die die Langestheier mit dem Kreuz kamen, die Glocken geläutet haben“, erzählt der Axamer.
Einen weiten Weg haben auch jene vor sich, die zur Pfarrkirche Johannes Nepomuk in der Gemeinde Sölden in Obergurgl pilgern. „Diese kleine Kirche wurde auf 1972 Metern Höhe gebaut und dürfte somit die höchstgelegene Kirche Tirols sein“, nennt Rampl den Grund. Er selbst schwärmt aber vor allem für die ältesten Kirchen in Tirol. „Die vermutlich älteste Kirche in unserem Land befindet sich auf dem Kalvarienberg im Bezirk Imst. Die Laurentiuskirche enthält eine Chorschrankplatte aus dem fünten Jahrhundert.“
Um all diese Informationen herauszufinden, steigen er und seine Frau Christine fast jedes Wochenende ins Auto und fahren quer durchs Land, um auch die kleinsten Bergkirchlein zu besuchen – nicht zu verwechseln mit Kapellen. „Viele glauben, Kapellen sind einfach kleine Kirchen. Der Unterschied aber ist, dass eine Kirche von einem Bischof geweiht werden muss. Bei Kapellen kann das auch ein Priester übernehmen“, erklärt Rampl.
Die kleinste Kirche stehe am Ritten in Südtirol und bietet Platz für sechs Personen. Dort ist Rampl derzeit übrigens viel unterwegs, soll doch ein zweiter Band über Südtirols Kirchen entstehen. Bis dato haben er und seine Frau etwa 50.000 Kilometer zurückgelegt. Immer mit dabei: die wuschige Chow-Chow-Hündin Soraya. „Sie dürfte der katholischste Hund Tirols sein“, lacht Rampl.
Für den ehemaligen Chorleiter des Axamer Olympiachors ist es selbstverständlich, dass er und seine Frau bei jedem Kirchenbesuch ein Lied singen. „Das gehört für uns dazu wie der Kirchturm zur Kirche.“ Der größte Kirchturm besitzt übrigens die Pfarrkirche in Matrei in Osttirol. „Der ist 86 Meter hoch“, weiß Rampl.
Für den Axamer sind aber alle Tiroler Kirchen etwas ganz Besonderes. „Sie fügen sich in besonderer Weise in die alpine Landschaft ein und bilden mit ihr eine Symbiose“, schwärmt er. Die Vielfalt der Kirchen und die einmalige Kulisse seien auf der ganzen Welt einzigartig.