Innsbrucker Spieleentwickler arbeitet mit Gedanken-Steuerung

Nur mit der Kraft der eigenen Gedanken Feuer erschaffen und Felsen durch die Luft schleudern: Einen Traum vieler Computer-Spieler wollen die in Innsbruck ansässigen stillalive studios mit ihrem Spiel „Son of Nor“ Wirklichkeit werden lassen.

Von Lukas Schwitzer

Innsbruck – Mit einem technologischen Coup will ein in Innsbruck gegründetes Spieleentwickler-Studio weltweit Aufsehen erregen. Stillalive studios planen, Spielern ihres Titels „Son of Nor“ eine Steuerung mit purer Gedankenkraft zu ermöglichen.

Zaubern nur mit Gedankenkraft

Mithilfe des EPOC, eines Neuro-Headsets der Firma Emotiv, können Nutzer nur mit Gedanken mit einem Computer interagieren. Dies will der 25-jährige Julian Mautner, der Gründer des Studios, nun auch in seinem Spiel integrieren. „Wir hoffen, dass wir damit einiges an internationaler Aufmerksamkeit erregen können“, meint Mautner gegenüber der Tiroler Tageszeitung. Denn die wird dringend gebraucht: Die finanziellen Ressourcen sind knapp und für den Erfolg der derzeit laufenden Kampagne auf Kickstarter ( http://go.tt.com/sonofnor , Crowd-Funding-Plattform, Anm.) müssen noch einige interessierte Spender gefunden werden.

Die Integration der EPOC-Steuerung soll es dem Spieler von „Son of Nor“ erlauben, die magischen Fähigkeiten seiner Hauptfigur nur mit Gedanken zu steuern. Dazu gehören telekinetische Kräfte, mit denen Felsen als Wurfgeschoße benutzt werden können, die Kontrolle über Feuer und Wind sowie die Fähigkeit, den Erdboden zu erhöhen oder abzusenken. „Nur mit der Kraft der eigenen Gedanken zu zaubern und mit Feuer und Steinen um sich zu werfen, dürfte ziemlich spannend werden“, freut sich Mautner. „Die Umsetzung bringt zwar einiges an Aufwand mit sich, aber die viele Arbeit wird sich hoffentlich bezahlt machen.“

Kickstarter deckt Finanzierung nur zum Teil

Als Ziel für die Finanzierung aus der Community hat sich Mautner 150.000 US-Dollar (etwa 114.000 Euro) gesetzt. Und diese müssen innerhalb von vier Wochen erreicht werden. Nach weniger als zwei Wochen – ohne das zusätzliche Gedankensteuerungs-Gimmick – haben sich bereits über 1000 Menschen bereiterklärt, den Entwicklern einen Teil ihres Ersparten zu überlassen, der Zähler steht bei über 50.000 Dollar. Wird der Zielwert aber nicht erreicht, gibt es gar nichts. „Ich hoffe, dass die Kampagne erfolgreich ist. Wir haben die Summe auch bewusst niedrig angesetzt“, erklärt Mautner. Denn auch mit den 150.000 Dollar wäre die Finanzierung des Projekts nur zu einem kleinen Teil abgedeckt. „Wir könnten damit sechs unserer 16 Mitarbeiter bis zum voraussichtlichen Erscheinungstermin nächstes Jahr eine relativ schlecht bezahlte Vollzeit-Anstellung bieten.“ Der Großteil der Arbeitszeit bleibt bereits jetzt unbezahlt, die meisten Mitarbeiter dürfen aber mit einer Gewinnbeteiligung rechnen. Viele betreiben es derzeit laut Mautner noch wie „ein sehr aufwendiges Hobby“.

Leicht enttäuscht zeigt sich Mautner über die Förderungsmöglichkeiten in Österreich. Es gebe zwar Förderprogramme, die Offenheit der Institutionen gegenüber Computerspielen sei aber noch sehr gering. Nur vom Tiroler Gründungszentrum CAST (Center for academic spin-offs Tyrol) gab es eine Förderung für den 25-jährigen Physik-Absolventen und sein Team. Aber auch um weitere Unterstützungen will sich stillalive bemühen.

Positives Feedback für „Son of Nor“

Für das Spiel „Son of Nor“ selbst gab es bereits einiges an positivem Feedback, auch von etablierten Gaming-Medien. „Anfangs, als wir noch eine sehr frühe Version des Spiels vorzeigten, gab es oft harsche Worte. Aber inzwischen ist die Resonanz zu 95 Prozent positiv“, freut sich Mautner. „Son of Nor“ versetzt den Spieler in die Wüstenwelt Noshrac, in der die Menschheit fast vernichtet ist und sich gegen die echsenhaften Schergen des Sarahul-Imperiums zur Wehr setzen muss.

Als von der Gottheit Nor Gesegneter kämpft man alleine oder mit bis zu drei Mitspielern für das Überleben der Menschen und setzt dabei verschiedene magische Kräfte wie Telekinese und elementare Manipulation ein und benutzt seine Umgebung u.a. durch Terraforming als Waffe. Auf den Mehrspielermodus soll ein starker Fokus gelegt werden, bis zu vier Spieler können dabei die Geschichte des Spiels erleben und je nach Spieleranzahl auch andere Gebiete erreichen, was den Wiederspielwert deutlich erhöht. Die Hauptstory durchzuspielen soll etwa acht Stunden in Anspruch nehmen, auf zwischen den Kapiteln angesiedelten „Challenge Maps“ können sich Spieler weltweit an verschiedenen Aufgaben messen und ihre Ergebnisse miteinander vergleichen.

Schwierig, in Tirol Entwickler zu finden

Das Team von stillalive ist fast über den ganzen Globus verteilt, die Arbeit an „Son of Nor“ läuft nach dem Prinzip eines „distributed studio“. Die Mitarbeiter arbeiten also von zuhause aus, die Koordination läuft über das Internet. „Sechs von uns sind in Österreich, andere in verschiedenen Ländern Europas, in den USA und in Südamerika. Die Kommunikation ist dabei das komplizierteste, weil man nicht sehen kann, woran andere gerade arbeiten. Aber über die letzten eineinhalb Jahre haben wir uns ein funktionierendes System erarbeitet“, so Mautner.

Zuerst habe das Studio, das mit nur drei Personen begann, versucht, in der Umgebung talentierte Programmierer und Designer zu finden. „Wir haben unser Suchgebiet dann erweitert, erst auf ganz Österreich, dann auf Deutschland, dann auf den ganzen deutschsprachigen Raum. Aber die Suche war nicht sehr erfolgreich“, schmunzelt Mautner. Durch Kontakte über das Internet sei schließlich das „distributed studio“ entstanden. „Inzwischen haben wir etwas Bekanntheit in der Branche erlangt, so dass uns Leute selbst Bewerbungen schicken. Die besten sehen wir uns dann auch genauer an.“