Letta präsentiert sein 100-Tage-Programm
100 Tage, vier Programmpunkte: Mit wirtschaftlichen und politischen Reformen will Italiens neuer Premier Enrico Letta sein Land aus der Krise führen. Prioritäten setzt Letta bei Jugendbeschäftigung und Steuerentlastungen.
Rom – Mit einer Reihe wirtschaftlicher und politischer Reformen will Italiens neuer Ministerpräsident Enrico Letta seinem Land aus der schweren Krise führen. In den ersten 100 Tagen Amtszeit werde sich sein Kabinett vor allem um Jugendbeschäftigung, Steuerbegünstigungen für Italiener, die Unternehmen gründen wollen, sowie um politische Reformen kümmern, sagte Letta bei einer Pressekonferenz am Ende einer Klausurtagung mit seinen Ministern in einer Abtei bei Siena am Montag. Außerdem werde das Kabinett noch bis Ende dieser Woche ein Dekret verabschieden, mit dem die Zahlung der ersten Rate der Immobiliensteuer IMU auf September verschoben wird. Auch mehr Geld für die Arbeitslosenunterstützung soll locker gemacht werden.
Die Italiener, die mehrheitlich Wohnungseigentümer sind, müssen im Juni die halbjährliche Rate der Immobiliensteuer für ihre Erstwohnung nicht bezahlen. Die Abschaffung der verhassten Immobiliensteuer, die von der Regierung Monti zur Eindämmung des Defizits eingeführt worden war, war von Ex-Premier Silvio Berlusconi als Bedingung für seinen Regierungsbeitritt gefordert worden. Die Zahlung der Immobiliensteuer wird auf September verschoben, um der Regierung mehr Zeit für eine Reform des Steuersystems auf Immobilien zu geben. Mit der Abschaffung der Immobiliensteuer würden dem italienischen Staat vier Milliarden Euro fehlen. Das bedeutet zusätzliche Probleme für die Gemeinden, für welche die Steuer eine wichtige Einnahmequelle ist.
Letta pocht auf neues Wahlgesetz
Letta drängt auch auf politische Reformen. Ein neues Wahlgesetz sei ein Muss, sagte der Premier. Italien brauche dringend eine Wahlrechtsreform, die dem Land politische Stabilität bescheren könne. Auch das System zur Parteienfinanzierung sei reformbedürftig. Die Regierung werde eine Kommission aus Experten für Verfassungsreformen einrichten. Diese soll unter Lettas Aufsicht tagen. Die Kommission soll innerhalb von 100 Tagen Reformvorschläge verfassen, die den Parlamentspräsidenten unterbreitet werden sollen.
Letta rief seine Minister zu Geschlossenheit auf. Er appellierte an die Minister, nicht an Parteikundgebungen teilzunehmen, die den Zusammenhalt des Kabinetts gefährden könnten. Der Regierungschef bezog sich dabei auf eine Solidaritätskundgebung für Ex-Premier Silvio Berlusconi am vergangenen Samstag, an der einige seiner Minister, darunter Innenminister Angelino Alfano, teilgenommen hatten. Die Solidaritätskundgebung war in Brescia organisiert worden, nachdem Berlusconi am Mittwoch zweitinstanzlich zu vier Jahren Haft wegen Steuerbetrugs verurteilt worden war.
Die Landwirtschaftsministerin und Berlusconi-Vertraute, Nunzia De Girolamo, bestritt Spannungen zwischen Letta und Innenminister Alfano wegen der Berlusconi-Kundgebung. „Es besteht der Wille zur Zusammenarbeit, um die Probleme des Landes zu lösen“, sagte die Ministerin.
Die Klausurtagung in Spineto bei Siena hatte am Sonntag begonnen und ging am Montagmittag zu Ende. Das Kabinett wollte sich dabei besser kennenlernen, aber auch die drängenden Probleme Italiens sowie Wege zu ihrer Bekämpfung erörtern. Letta hatte die Regierungsgeschäfte Ende April übernommen, seine Regierung wird von einer breiten Koalition getragen.