„Action statt Gute-Nacht-Geschichte“
Dank Helmkameras kann jeder sportliche Höhepunkte verewigen. Doch Vorsicht – monotone Filme haben höchstens schlaffördernde Wirkung. Fotograf Peter Kluwick weiß, wie Clips entstehen, die so rasant sind, wie der Sport selbst.
Von Judith Sam
Lermoos –Wochenlang trainiert man, springt waghalsig über selbst gebaute Schanzen, stürzt dabei, bis die Schienbeine mit blauen Flecken gespickt sind. Dann endlich ist es so weit: Man schafft den perfekten Sprung ... und keiner hat ihn gesehen. „Ist jedoch eine Helmkamera im Einsatz, sind große Leistungen für immer archiviert“, spricht der Lermooser Fotograf Peter Kluwick aus Erfahrung. Doch nicht nur Sportler auf der Suche nach dem Adrenalinkick nutzen die robusten Winzlinge: „Man kann auch ruhige Pistenabfahrten filmen, um das schöne Erlebnis zuhause immer wieder abrufen zu können.“
Um aus den Clips fesselnde Kurzvideos statt Gutenachtgeschichten zu inszenieren, muss man originelle Tricks beherrschen – von denen Kluwick etliche im Fundus hat:
Bevor man startet, ist es sinnvoll, zu wissen, welche Geschichte man erzählen will und welche Bilder man dafür braucht. Ansonsten ist die Gefahr groß, dass man am Ende des Tages unzählige Aufnahmen hat und nicht weiß, was man damit anstellen soll.
Schon bei der Montage der Helmkamera kann man verschiedene Varianten wählen, die den Bildern Leben einhauchen. Die am weitesten verbreitete ist die Fixierung am Helm. So kann man sich selbst oder die Person filmen, die hinter dem „Kameramann“ fährt. Ein so genannter „Head-Strap“-Gurt eignet sich, um die Kamera auch auf nackter Haut zu befestigen.
Damit kann man übrigens auch Hunde mit Kameras ausrüsten. Es gibt viele lustige Filme im Netz, wo man Videos aus „Bello-Perspektive“ sieht.
Beim „Pole-Mount“ stabilisiert man die Kamera am Skistockende oder einem Ast. So werden Verwacklungen vermieden und man filmt sich selbst oder Sportpartner mit großem Abstand zum Körper.
Packt man einen so ausgerüsteten Stock in seinen Rucksack, sieht man sich selbst sozusagen aus der Vogelperspektive. Eine sehr kreative Action-Einstellung, aber schwierig zu fixieren.
Dank solcher Aufnahmen hat man Personen gut in Szene gesetzt. Doch lebendig wird ein Film, wenn man auch andere Perspektiven hineinschneidet. Inmitten des Geschehens ist man etwa, wenn man den „Chest-Mount“ oder den „Board-Mount“ einsetzt. Beim ersten handelt es sich um einen Gurt, der wie ein Rucksack an den Körper geschnallt wird. So filmt man nach unten in Richtung der Füße. Klingt im ersten Moment befremdend, garantiert aber Abwechslung.
Beim „Board Mount“ klebt die Kamera direkt am Snowboard, Surfbrett oder einem Motorradvisier fest. Das garantiert eine besonders spektakuläre Perspektive. Denn ist die Kamera nach vorne gerichtet, sieht man, wie etwa die Schneegischt davonspritzt. Steht sie nach hinten, erkennt man den Fahrer beim teils hektischen Manövrieren.
Nicht zu vergessen: die „Balloon-Cam“. Dabei hängt die Kamera an einer Helikopterdrohne, einem Modellflugzeug oder einem heliumgefüllten Ballon – das ist optimal für Landschaftsaufnahmen.
Moderne Helmkameras haben meist zwei gravierende Vorteile: Zum einen können sie das aufgezeichnete Bild via App aufs Handy schicken. So kann man in voller Fahrt kurz prüfen, ob alles so aufgezeichnet wird, wie man es will.
Zweitens werden Fernbedienungen für die Kamera mitgeliefert. Montiert man das Gerät an unzugänglichen Orten – wie der Decke einer Turnhalle, dem Schanzentisch einer Sprungschanze oder einer Autostoßstange –, kann die Aufnahme beliebig gestoppt und fortgeführt werden.
Auf jeden Fall sollte man die einzelnen Szenen kurz halten. So wird der fertige Film erst rasant.
Beim Bearbeiten der Clips am Computer kann man den letzten Schliff anbringen: Hat man von einer Szene viele Fotos in Folge geschossen, kann man diese am PC im Nachhinein zu einem Film zusammenstellen. Zeitraffervideos eignen sich wunderbar, um etwa Wolken vorbeiziehen zu lassen. Die Zeitlupe ist beliebt, um schnelle Bewegungen nachvollziehbarer zu gestalten.
Zuletzt bleibt nur zu sagen: keine Angst vor Spielereien. Im digitalen Zeitalter kann man nämlich keine falsche Aufnahme machen – denn im Handumdrehen ist alles gelöscht. Ist allerdings eine Situation verpasst, lässt sie sich nur sehr schwer – wenn überhaupt – nachstellen. Folglich sind Mut und Kreativität gefragt. Wir befestigen die Kamera etwa an einer Eieruhr, die sich beim Zählen um die eigene Achse dreht. So entstehen verwacklungsfreie 360-Grad-Aufnahmen.