Tirols Schwarz-Grüne Regierung vorgestellt: „Spannung erzeugt Energie“
Die neue Tiroler Landesregierung hat heute in Igls ihr Programm vorgestellt. Grüne und ÖVP freuen sich auf die „Partnerschaft auf Augenhöhe“, die laut Platter nicht ohne Spannung bleiben wird. Doch diese würde positiv gesehen, erzeuge sie doch „Energie“.
Igls, Innsbruck – Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) und die Tiroler Grünen-Chefin Ingrid Felipe präsentierten heute das gemeinsame Arbeitsprogramm der neuen Tiroler Landesregierung. Es sei „ein großer Tag für die Grünen und ein mutiges Projekt auch für die Tiroler Volkspartei“ erklärte Felipe im Congresspark Igls am Dienstagvormittag.
Auf dem Weg zum „historischen Tag für Tirol“ habe man „manche Themen mit sehr viel Nachdruck eingebracht und sehr viele Nerven gebraucht“. Allerdings seien die Grünen von der ÖVP bei einigen Themen „positiv überrascht“ gewesen. Nun wolle man gemeinsam Tirol „demokratisch durchlüften“ und „neu denken“.
Kein „Ministrantentum“
LH Günther Platter befand seinerseits, man habe eine gute „Basis gefunden, eine Basis des Vertrauens“. Er glaube dass es „da oder dort Spannungen geben wird“. Was er aber positiv sehen möchte: „Spannung erzeugt Energie“. Die schwarz-grüne Koalition sei „sehr wichtig für Tirol“, sagte ein sichtlich entspannter Platter.
Er habe damit „schon länger geliebäugelt“. Die Grünen seien ein „Partner auf Augenhöhe, den man aber auch nicht überfordern dürfe“. Den Vorwurf des „Ministrantentums“, der dem früheren Koalitionspartner SPÖ immer gemacht wurde, kann man bei den Grünen „komplett weglassen“, meinte Platter zudem.
Das erste schwarz-grüne Regierungsprogramm in der Geschichte Tirols trägt den Titel „Verlässlich handeln - fair denken“. Die wichtigsten Eckpunkte des Programms drehen sich um Transparenz, den Ausbau der Wasserkraft bzw. Energieunabhängigkeit, wobei „die großen Projekte außer Diskussion“ gestellt wurden und als Basis der Kriterienkatalog für Wasserkraft angewendet werde, die Lösung der Agrarfrage.
Landesumweltanwalt weisungsfrei
Felipe kündigte zudem an, dass der Landesumweltanwalt endlich weisungsfrei gestellt werde, was sie als Verhandlungserfolg wertete. Mit einer Nachhaltigkeitsstrategie, der Prüfung der Natura 2000 Schutzgebiete und einem Naturschutzbeirat kündigte sie Initiativen an, die unter ihre Agenden fallen werden.
Zum Thema öffentlicher Verkehr – in Zukunft ebenfalls bei ihr angesiedelt – sagte sie, dass es für alle Tirolerinnen und Tiroler ein Ticket für 365 Euro geben werde. Auch für arbeitssuchende Jugendliche und Studenten „wird es eine Lösung geben“. Das Team der Grünen reiste übrigens mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Pressekonferenz nach Igls an – Felipe wollte aber nicht ausschließen, dass sie künftig einen Dienstwagen in Anspruch nehmen wird.
Außerdem streben die beiden Parteien in der Transitfrage die Wiedereinführung des Sektoralen Fahrverbotes an. Die Grünen konnten darüber hinaus der Volkspartei die Möglichkeit der Einführung einer durchgehenden Tempo-100-Regelung auf der Inntalautobahn als Mittel zur Wiedererlangung des Fahrverbotes abtrotzen. Dies hatte die Volkspartei bisher kategorisch ausgeschlossen. Nun soll das Tempolimit, sollte sie sich als „richtige Maßnahme“ herausstellen, kommen.
Agrar-Kompromiss
Beim heißen Eisen Agrargemeinschaften konnte außerdem ein Kompromiss erzielt werden, den Felipe mit einer „Rückübertragung“ gleichsetzte. „Den Gemeinden wird die Verwaltung des Substanznutzens in die Hände zurückgegeben“, erläuterte die neue Landeshauptmann-Stellvertreterin. Dafür werden eigene Konten eingerichtet. Günther Platter ergänzte, dass in einigen Dörfern eine Mediationsstelle eingerichtet werden wird.
Keine Einigung konnte zwischen den Koalitionsparteien zum Thema Kalkkögel gefunden werden. „Solange die Grünen regieren, sind die Kalkkögel in Sicherheit. Mit den Grünen in der Regierung wird es keine Erschließung des Ruhegebiets geben“, sagte Felipe. Platter erklärte das Thema zur koalitionsfreien Zone. Dennoch wurde vereinbart, dass es keine Skigebiets-Neuerschließungen geben werde. „Das kann es nicht sein. Es muss Grenzen geben“, bekräftigte Platter seinen Standpunkt.
Wunsch nach Schwarz-Grün auf Bundesebene
Das Thema Gesamtschule will die Koalition weiter vorantreiben. Inklusive dem Gesamtschulversuch in Innsbruck von dem die TT bereits berichtet hat. Ein weiteres Anliegen sind die ganztägige und ganzjährige Kinderbetreuung und die schulische Tagesbetreuung.
Zum Koalitionspakt insgesamt erklärte Platter, dass die schwarz-grüne Koalition ein Modell für die Bundesebene sei. Die mit den Tiroler Grünen fixierte Zusammenarbeit sei eine „vorausschauende Entscheidung“ gewesen, erklärte Platter. Sollte man sich im Bund auch zu dieser Koalitions-Variante entschließen, würde ihn das „freuen“, meinte Platter. Der Landesparteivorstand der ÖVP hatte am Montagabend den Pakt mit den Grünen einstimmig angenommen. Um Mitternacht erteilte schließlich auch die Grüne Landesversammlung mit 89 Prozent ihre Zustimmung. Somit wird es zum ersten Mal in der Geschichte Tirols eine schwarz-grüne Liaison geben. (tt.com)
Die Rollenverteilung in der neuen Tiroler Landesregierung:
Günther Platter (ÖVP) übernimmt das Finanzressort und den Tourismus.
Bauernbundobmann Josef Geisler (ÖVP) übernimmt die Agrar-, Energie- und Sportagenden.
Johannes Tratter (ÖVP) wird neben der Wohnbauförderung auch für Gemeinden, Raumordnung und Arbeit zuständig sein.
Beate Palfrader (ÖVP) verbleibt im Ressort Bildung und Kultur
Bernhard Tilg (ÖVP) leitet weiter das Gesundheitsressort.
Auch Wirtschaftslandesrätin Patrizia Zoller-Frischauf (ÖVP) ist weiterhin in der Landesregierung vertreten.
Zum Landtagspräsident soll erneut Herwig van Staa (ÖVP) gewählt werden.
Ingrid Felipe (Grüne) wird das Amt der Landeshauptmann-Stellvertreterin und Landesrätin für Verkehr sowie Umwelt und Naturschutz übernehmen
Christine Baur (Grüne) wird für das Sozialressort zuständig sein.
Neuer Klubobmann der Grünen im Landtag wird Gebi Mair.
Hermann Weratschnig (Schwazer Stadtrat) wird zweiter Landtagspräsident.