Gesellschaft

Skandal um Billig-Implantate: Vier Jahre Haft für Firmenchef gefordert

Der Skandal um Brustimplantate aus billigem Silikon betrifft weltweit Hunderttausende Frauen. Nun zeichnen sich strafrechtliche Konsequenzen für die Verantwortlichen ab. Die Staatsanwaltschaft fordert Haftstrafen.

Marseille, Wien - Der Betrugsprozess zum weltweiten Skandal um die Billig-Brustimplantate der französischen Firma PIP geht seinem Ende entgegen: Die Staatsanwaltschaft hielt am Dienstag in Marseille ihr Plädoyer und forderte vier Jahre Haft für Firmengründer Jean-Claude Mas wegen „schwerer Täuschung und Betrug“. Der Prozess, in dem 7.400 Frauen - darunter 73 Österreicherinnen in einer Sammelintervention des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) - gegen Mas und vier seiner früheren Mitarbeiter klagen, läuft noch bis Freitag.

Staatsanwalt Jacques Dallest forderte für den 73-jährigen Mas neben der vierjährigen Haftstrafe auch eine Geldstrafe von 100.000 Euro sowie das Verbot, im Medizin- oder Gesundheitsbereich tätig zu sein und ein Unternehmen zu führen. Die mögliche Höchststrafe für den Vorwurf der schweren Täuschung und des Betruges hätte bei fünf Jahren gelegen. Für die vier Mitangeklagten von Mas forderte Dallest Haftstrafen zwischen sechs Monaten und zwei Jahren.

Zuvor hatte Vize-Staatsanwalt Ludovic Leclerc vor dem Gericht schwere Vorwürfe gegen Mas erhoben. „Es geht hier um ein System massiven Betrugs zum Schaden von tausenden Frauen, eine Täuschung, wie man sie selten gesehen hat“, sagte er. Für die Angeklagten sei „das Geld vor die Gesundheit anderer“ gegangen.

Mas hatte in Verlauf des Prozesses wie schon im Polizeiverhör gestanden, seine Brust-Implantate mit einem hausgemachten Billig-Gel gefüllt zu haben. Er widerrief aber seine frühere Aussage, wonach er die Kontrolleure des TÜV Rheinland absichtlich hinters Licht geführt habe. Er bestritt auch, dass sein Produkt gesundheitsschädlich gewesen sei.

Vize-Staatsanwalt Leclerc verwies hingegen auf die Gefährlichkeit der PIP-Implantate, was nach Ansicht der Anklage den Vorwurf der „schweren“ Täuschung und des Betrugs rechtfertigt. In mehreren Studien, über die während des Prozesses beraten wurde, hatte hingegen keine Giftigkeit des PIP-Gels nachgewiesen werden können. Allerdings reißen die PIP-Einlagen schneller und können so Entzündungen auslösen, weshalb die Implantate häufiger wieder herausoperiert werden mussten.

Mas hatte weltweit Hunderttausende seiner Billig-Einlagen verkauft. Die meisten Klägerinnen sind Französinnen, neben den Österreicherinnen sind aber auch Frauen aus Südamerika und anderen Weltgegenden darunter. In Deutschland sind etwa 5.000 Frauen betroffen.

Der Schwindel flog 2010 auf, seither ist seine Firma PIP pleite. Unklar ist daher, von wem die betroffenen Frauen entschädigt werden könnten. Gegen Mas laufen in Frankreich noch zwei andere Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung und fahrlässiger Tötung sowie wegen betrügerischen Bankrotts.

Am Freitag werde das Gericht voraussichtlich noch kein Urteil fällen, sondern nur verkünden, zu welchem Datum die Urteilsveröffentlichung stattfinden soll, sagte VKI-Juristin Ulrike Wolf der APA. Dafür gibt es im französischen Recht keine festgelegte Frist, und der Zeitpunkt könnte im Bedarfsfall später auch noch nach hinten verlegt werden. (APA/AFP)