Standort Tirol

Kein Kaufrausch trotz Minizinsen

Die Tiroler scheuen Risiko und horten viel Geld auf Girokonten. Aber auch die Kauflust hält sich in Grenzen. Der Handel hat im ersten Quartal ein Minus verzeichnet.

Von Markus Schramek

Innsbruck –Die Zinsen sind im Keller. Was machen die Tirolerinnen und Tiroler da mit ihrem sauer Ersparten? Die nackten Zahlen legen einen Schluss nahe: Sie warten ab. Jahre der Diskussion über zusammenbrechende Finanzmärkte, drohende Staatspleiten und platzende Investmentblasen haben zu großer Unsicherheit geführt.

Armin Schneider, Chef der Innsbrucker Außenstelle der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), beschreibt die Lage auf dem Finanzmarkt mit folgenden zwei Worten: „Unsichere Zeiten.“ Die Bereitschaft der Tiroler, Ersparnisse jetzt längerfristig binden zu wollen, sei enden wollend. Vielmehr gehe der Trend in die Richtung, dass Geld jederzeit verfügbar sein müsse, um auf sich ändernde Verhältnisse im Finanzsektor reagieren zu können.

Schneider untermauert dies mit einer bemerkenswerten Entwicklung: „In den letzten fünf Jahren ist mehr Geld auf Girokonten geparkt worden als auf Sparbüchern.“ Dies obwohl Erstere in der Regel noch weniger Ertrag abwerfen als Letztere (weitere Details im Kasten rechts).

Ertragslose Sparbücher und Unsicherheiten über die Entwicklung des Euro haben aber nicht etwa dazu geführt, dass verfügbares Geld in rauen Mengen ausgegeben wird.

Die erste Quartalsbilanz des österreichischen Einzelhandels (erstellt von der KMU Forschung Austria) ergab nämlich, die Preissteigerung inklusive, ein Umsatzminus von 1,7 Prozent. Wie ein Kaufrausch sieht das nicht aus.

Möbel, Sportartikel, Elektrogeräte, Bekleidung – sie alle blieben in der Bilanz teils deutlich hinter dem Vorjahr zurück. Und auch der Autohandel klagt über massive Verkaufsrückgänge.

Martin Wetscher, Möbelhändler in Fügen und Innsbruck sowie Sprecher der Branche, kann ebenfalls keinen Run auf die Geschäfte ausmachen. „Für mehr Umsatz fehlt einfach die Kundenfrequenz“, sagt Wetscher. Die Kauflust halte sich in Grenzen. Einzig im gehobenen Segment seien derzeit gute Geschäfte zu machen. Hier seien die Auftragsbücher voll. „Es gibt weniger Leute, die mehr kaufen“, lautet Wetschers Befund.

Mit ihren Umsatzsorgen sind die Tiroler freilich nicht allein. Der Schweizer Einzelhandel beklagt laut Neuer Zürcher Zeitung Rückgänge von bis zu 7,6 Prozent. Der lange Winter wird dafür mitverantwortlich gemacht.