Wirtschaftspolitik

Mega-Umsatz, Mini-Steuern: Briten erzürnt „Trickserei“ von Amazon

Amazon setzte im vergangenen Jahr knapp fünf Milliarden Euro in Großbritannien um. Die Steuerlast drückte der Online-Versandhändler auf wenige Millionen Euro. Das erzürnt britische Politiker und Händler.

London, Seattle - Der weltgrößte Online-Händler Amazon zieht mit seiner umstrittenen Steuerpraxis den Zorn der britischen Politiker und Konkurrenten auf sich. Trotz eines Umsatzes von umgerechnet 4,7 Mrd. Euro in Großbritannien zahlte der US-Konzern nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr nur 2,9 Mio. Euro Steuern. Dem Unternehmen wird vorgeworfen, durch Kniffe Millionen Steuern in Großbritannien und anderen europäischen Ländern zu sparen.

Parlamentsmitglied John Hemming von den Liberaldemokraten sagte, die Zahlen belegten, dass das gegenwärtige Regelwerk nichts tauge, um die Steuerverschiebung der Großkonzerne zu unterbinden. Der Abgeordnete Nick Smith von der Labour-Partei forderte, die Steuerpolitik Amazons zu durchleuchten.

Auch bei den Rivalen steht Amazon im Kreuzfeuer. Mark Brighton von Kew Books, der drei Buchläden im Südwesten Londons betreibt, sagte, dass Amazons Steuerausweis den unfairen Wettbewerb verdeutliche, unter dem kleinere Einzelhändler wie er litten. Bei Amazon war zunächst niemand für eine Stellungnahme zu erreichen. Das Unternehmen hatte aber in der Vergangenheit betont, die Steuervorschriften in jedem Land zu befolgen. Nach den Reuters-Recherchen ist es Amazon.com gelungen, mit Hilfe seiner Luxemburger Firmen-Konstruktion rund 2 Mrd. Dollar steuerfrei beiseitezulegen - Geld, das nun für die Expansion der Firma genutzt wird.

Der Online-Pionier ist kein Einzelfall. Auch andere global agierende Konzerne wie der Kaffee-Riese Starbucks nutzen Schlupflöcher in Europa, um sich in ihrer Heimat arm zu rechnen. Der Widerstand gegen dieses Finanzgebaren wächst nicht nur in Europa - schließlich werden die Amazon-Waren über Straßen transportiert, für die andere Steuern bezahlt haben. Auch in den USA wird der Ton rauer. So spricht der demokratische US-Senator Carl Levin offen von „Tricksereien“. (Reuters)