Ein Pflegekrimi mit Happy End

Die Odyssee einer Außerfernerin zum Besuch ihres Liebsten findet heute ein glück- liches Ende. Die Marktgemeinde Reutte nimmt Adolf Franzelin im Guten Hirten auf.

Von Simone Tschol

Stanzach, Kelmen, Reutte –„Ich kann mich gar nicht genug bedanken. Es ist wie ein Wunder“, sprudelt es aus Martha Perle geradezu heraus. Sie findet keine Worte für das, was heute gegen 11 Uhr geschehen wird. Ihr Lebensgefährte Adolf Franzelin wird im Wohn- und Pflegeheim „Haus zum Guten Hirten“ des Seniorenzentrums der Marktgemeinde Reutte einziehen. Für die dortige Hausleitung und das Personal ist die Ankunft eines neuen Bewohners Routine, für Martha Perle jedoch keineswegs.

Seit einem Jahr ist Adolf Franzelin (73) ein Pflegefall der höchsten Stufe. Er kann sich weder artikulieren noch bewegen. Aufgrund einer Trachealkanüle – eines künstlichen Zugangs zur Luftröhre – wurde er bislang in keinem der beiden Außerferner Pflegeheime aufgenommen. Denn: Bei Komplikationen darf nur diplomiertes Personal oder ein Arzt eingreifen. Da dies im Außerfern nicht rund um die Uhr gewährleistet werden konnte, musste Adolf nach seinem Aufenthalt in der grenznahen Fachklinik Enzensberg im Alten- und Pflegeheim Santa Katharina in Ried im Oberinntal betreut werden. Für Martha, die in Kelmen ein Wirtshaus betreibt und auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen ist, wurde jeder Besuch zur Odyssee. Dennoch hat sie die Strapazen zwei- bis dreimal die Woche auf sich genommen (die TT berichtete).

Jetzt wendet sich für Martha und Adolf das Blatt. „Ich habe den TT-Artikel sehr aufmerksam gelesen und die Heimleitung sowie den Pflegedienst unseres Seniorenzentrums sofort gebeten zu prüfen, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, um Herrn Franzelin bei uns aufnehmen zu können“, erklärt der Reuttener Bürgermeister Alois Oberer und fügt hinzu: „Nach Rücksprache mit der Klinik in Enzensberg, dem Sozial- und Gesundheitssprengel, dem Notärztedienst, den Mitarbeitern des Seniorenzentrums und den Angehörigen wurde mir grünes Licht für eine Aufnahme in Reutte signalisiert.“

Die lückenlose Versorgung mit ausgebildetem Personal ist gewährleistet. Mehrere medizinische Geräte wie Absauggerät, Pulsoxymeter und eine Ernährungspumpe wurden angeschafft. Diese wurden gestern – rechtzeitig vor dem Eintreffen von Adolf Franzelin – angeliefert. „Die Kosten dafür belaufen sich auf rund 2500 Euro. Wobei die Marktgemeinde dies großzügig unterstützt“, sagt Haus- und Heimleiter Paul Barbist. Er ist überzeugt davon, dass Adolf Franzelin im Seniorenzentrum bestens versorgt werden kann – trotz der Trachealkanüle. „Wir sind uns bewusst, dass unser neuer Mitbewohner ein außergewöhnlich anspruchsvoller Pflegefall ist. Aber unser Ziel muss es sein, im Bezirk autark für alte und pflegebedürftige Mitmenschen zu sorgen.“

„Es ist ein Wunder geschehen und ich bin so unendlich froh, dass ich ihn jetzt wieder in Reutte habe. Natürlich hätte ich ihn noch viel lieber zuhause, aber das geht leider nicht“, sagt Martha, die sich schon jetzt auf die „unkomplizierten“ Besuche bei Adolf freut: „Ich weiß zwar nicht, was die Zukunft bringt. Aber bei mir ist derzeit Weihnachten – nein, mehr als Weihnachten. Ich kann das gar nicht in Worte fassen.“

Schon der Aufenthalt in Enzensberg habe vieles verändert. „Er fühlt sich dort wohl und er lacht, wenn ich ihn besuche“, beschreibt Martha Adolfs Gemütszustand.

Auch Walter Prem, der Sohn von Adolf, freut sich über dessen Heimkehr ins Außerfern: „Das ist für alle Seiten positiv. Vor allem Martha bleiben dadurch die weiten Strecken erspart. Ich möchte mich auf diesem Weg bei Bürgermeister Alois Oberer, allen Verantwortlichen im Seniorenzentrum in Reutte sowie bei der Stanzacher Vizebürgermeisterin Hildegard Falger bedanken, die sich immer und immer wieder mit Nachdruck für eine menschliche Lösung und die Unterbringung meines Vaters hier im Bezirk eingesetzt hat.“