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Per Mausklick zur Stanford-Vorlesung

Vorlesungen bei den Koryphäen von Harvard oder Stanford kann man online verfolgen. Auch Österreich springt auf diesen Zug auf.

Wien –Während in Österreich unter offenem Hochschulzugang noch die Absenz von Studiengebühren und Zugangsbeschränkungen verstanden wird, erreicht er anderswo schon eine ganz neue Dimension: Bei Massive Open Online Courses, kurz MOOCs (gesprochen: Mukhs), kann jeder Lernwillige weltweit ohne finanzielle oder formelle Hürden speziell konzipierte Internet-Lehrveranstaltungen bei den Besten ihres Fachs besuchen. Der Erfolg des Konzepts ist enorm, 20.000 und mehr virtuelle Hörer auf der ganzen Welt nehmen an den Kursen von Prestige-Unis wie Harvard oder Stanford teil.

Im angelsächsischen Raum wurde 2012 bereits zum Jahr der MOOCs ausgerufen. War zu Beginn jedoch die Demokratisierung des Wissens das Ziel, wird zunehmend versucht, mit den für die Unis teuren Angeboten Geld zu machen. Und auch in Europa nimmt die Uni 2.0 langsam Fahrt auf. Mit einer klassischen Vorlesung, die abgefilmt wird, haben MOOCs dabei kaum etwas zu tun. Sie orientieren sich vielmehr an den Sehgewohnheiten einer Generation, die mit Computerspielen groß geworden ist: Da zischt der Vortragende im Vorspann als gezeichnete Superman-Variante über den Bildschirm oder lässt den Spaßfaktor der von ihm vorgetragenen Witze von seinen Studenten beurteilen, die Videos werden immer wieder von einem kurzen Quiz oder Testfragen unterbrochen. Und auch bei der Bewerbung der einzelnen Kurse auf den jeweiligen Plattformen richten sich professionell gemachte Videos in der Art von Werbespots an die angehenden Fernstudenten.

In Europa kommen die Massive Open Online Courses erst langsam auf den Radar der Unis, wie eine aktuelle Studie der European University Association (EUA) unter 175 Hochschulen aus 38 Ländern zeigt. Demnach geben 42 Prozent an, noch nie von MOOCs gehört zu haben. Nur an jeder dritten europäischen Hochschule wurde bereits über diese neue Lehr- und Lernform diskutiert. Die prinzipielle Offenheit MOOCs gegenüber ist aber da: 88 Prozent wollen mehr über sie lernen und 44 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass sie in Europa vorangetrieben werden sollten.

Auch an den österreichischen Unis nähert man sich erst an MOOCs an. Fernlehre und E-Learning seien in der Universitätenkonferenz (uniko) ständig Thema, betont Generalsekretärin Elisabeth Fiorioli, und auch MOOCs stünden bereits auf der Agenda der uniko. Eine gemeinsame Strategie gebe es aber noch nicht. Der Vorsitzende des Forums Lehre in der uniko, Martin Polaschek, betont ebenfalls die prinzipielle Bereitschaft der Unis, MOOCs zu nutzen. Im Wintersemester werde die uniko „im kleineren Rahmen in diese Richtung gehen“, sagte er gegenüber der APA. Gleichzeitig schränkt er aber ein: „Das ist sehr zeit- und kostenaufwändig.“ Noch nicht geklärt ist die Frage, ob MOOC-Lehrveranstaltungen auch für klassische Studien anrechenbar sein sollen, wie das in den USA teils schon praktiziert wird. Das sei ein juristischer Graubereich, so Polaschek. Zumindest einzelne Initiativen gibt es aber auch in Österreich bereits. So haben Martin Ebner von der Technischen Uni (TU) Graz und Sandra Schön von Salzburg Research gemeinsam ein Konzept für einen MOOC entwickelt. Thema der sieben Kurseinheiten ist eine Einführung in das Lernen und Lehren mit Technologien – also ein MOOC darüber, wie gute MOOCs gestaltet werden sollen.

Während Europa erst auf den MOOC-Zug aufspringt, wird an US-Hochschulen unterdessen bereits gegen das Online-Modell Stimmung gemacht: Die Online-Kurse könnten dazu führen, dass es am Ende „wenige große, wohlhabende Überlebende“ gebe und abseits nur Ödnis, so MIT-Management-Professor Michael Cusumano. Und auch die Rating­agentur Moody’s warnt, dass jene Hochschulen, die nicht mit den Großen mithalten oder eine Nische besetzen können, durch sinkendes Interesse von Studenten Finanzierungsprobleme bekommen könnten. (APA)