Speckige Zuckerln und lahme Legenden
TT-Redakteurin Christiane Fasching berichtet die ganze Woche vom Song Contest in Malmö und im Tagebuch von ihren Eindrücken rund um den Liederstreit.
Auf meinem Schreibtisch schmiegen sich Lakridskugler (Lakritze-Zuckerln, die angeblich nach Speck schmecken) an Lakrids Pinde (Lakritze-Zuckerln, die optisch als Party-Drogen durchgehen würden), während sich weißrussische Nougat-Bomben, die Ende April abgelaufen sind, an ominöse Kekse kuscheln, die ich nur des Namens wegen gekauft habe: „Bollskakor“ klingt doch himmlisch verrückt. Das Glas Senapssil hingegen war eine Auftragsarbeit: Freund P. schwört auf diesen Heringgatsch in Senfsauce, den ich ehrlich gesagt nur blind verkosten würde. Naja, Geschmäcker sind verschieden - womit wir wieder beim Song Contest wären, der seinem Höhepunkt entgegensteuert.
Das merkt man auch in Malmö, wo Tag für Tag immer mehr Eurovision-Fans die Straßen säumen und wo „Euphoria“ - das Siegerlied vom Vorjahr - wirklich zu Tode gespielt wird. Gehört hab ich die Nummer, die ich vor der Reise nach Malmö eigentlich ganz gern mochte, mittlerweile in gefühlten 100.000 Versionen: Gerade eben sangen 20 Kinder, die als Mini-Loreens verkleidet waren, das Lied direkt vor meinem Hotelzimmer. Darf man schwedische Nachwuchskünstler mit Lakridskugler bewerfen? Besser nicht - sonst kontern die noch mit Senapssil.
Ein besonderes Eurovision-Menü wurde dafür am Mittwoch kredenzt: Die „Big Five“ - also England, Spanien, Frankreich, Deutschland und Italien - haben in der Eurovision Village im Zentrum der Stadt ihre Songs präsentiert. Ich hatte dabei eigentlich nur Augen für eine 61 Jahre alte und 1,59 Meter kleine Waliserin, die in den 80er Jahren den Haar-Spray-Umsatz in die Höhe trieb und jetzt offen zu ihrer Vorliebe für Botox steht: Ja, ich hab‘ Bonnie Tyler gesehen. Zumindest ein bisschen. Als die Rockröhre, die mit der Hymne „Believe In Me“ an den Start geht, nämlich die Bühne betrat, schnellten sofort unzählige Smartphones in die Höhe und versperrten mir die Sicht auf die kleine Lady mit der großen Stimme. Wobei: Live hört sich Frau Tyler leider gar nicht so toll an. Außerdem war sie auch ein bisschen faul - und sang im Gegensatz zu den anderen großen Fünf nur ihren Song für Malmö. Naja, muss ich mir „Total Eclipse Of The Heart“ eben auf meinem Kuschelrock-Album anhören. Und dazu nasch ich Bollskakor. (fach)