„Dann können sie nicht anders“
Kein generelles Handyverbot an Schulen, heißt es in Tirol. Eine TT-Leserumfrage kam zu einem anderen Ergebnis. Schulen selbst setzen auf teils strenge Regeln.
Von Michaela Spirk-Paulmichl
Innsbruck –Es sind etwa zehn Mobiltelefone, die durchschnittlich auf dem Schreibtisch von Direktor Franz Leeb vom Privaten Oberstufenrealgymnasium (PORG) in Volders liegen. Eingesammelt von Lehrern während des Unterrichts. Läutet ein Handy in einer Schulstunde oder wird ein Schüler beim Hantieren damit ertappt, wird es abgenommen, so die Regel. Und zwar eine Woche lang, jeden Morgen, bis Unterrichtsschluss.
Doch Leeb ist nicht zufrieden, zuletzt wurde an der Schule sogar ein generelles Handyverbot diskutiert. „Eltern und Lehrer hätten eine strengere Regelung unterstützt.“ Auch das Ergebnis einer Umfrage unter TT-Lesern zeigt, dass die Zustimmung dafür groß ist: 56 Prozent der Befragten befürworten ein Verbot (siehe Grafik).
Die Schule stehe jedenfalls vor einer großen Herausforderung: „Ja, es gibt Probleme. Es hat sich herausgestellt, dass manche Schüler regelrecht handysüchtig sind. Sie halten es nicht einmal 50 Minuten aus“, sagt der Pädagoge und klingt resigniert. 50 Minuten, so lange dauert eine Unterrichtsstunde. Geht währenddessen ein SMS ein oder gibt es etwas Neues auf Facebook, dann können manche nicht anders: Sie müssen sofort reagieren. Leeb: „Mit diesem Ausmaß haben wir nicht gerechnet.“ Zehn bis zwanzig Prozent der Schüler würden von sich selbst sagen, dass sie süchtig seien. Da wirke die einwöchige Zwangspause fast so, als sei ihnen eine Bürde genommen. „Viele sagen danach selbst, dass sie in dieser Zeit weniger Stress hatten.“
Ab Herbst wird es jedenfalls in Volders eine neue, verschärfte Regelung geben: Wird ein Schüler während des Unterrichts mit eingeschaltetem Mobiltelefon erwischt, müssen die Handys der gesamten Klasse einen Monat lang bis nach der letzten Schulstunde im Spind bleiben. Die neue Bestimmung ist ein Kompromiss, der auf Vorschlag der PORG-Schulsprecherinnen zustande kam. Ein generelles Verbot wurde dadurch verhindert, Klassengemeinschaften, die einen sinnvollen Umgang mit dem Handy pflegen, sollen nicht bestraft werden. Natürlich setze die Schule darüber hinaus auch auf Aufklärung über die Gefahren, so Leeb. „Aber bei den meisten kommt die Botschaft nicht an. Das ist wie beim Rauchen.“
Auch das Gymnasium St. Johann setzt auf Verbote, und zwar nicht nur während des Unterrichts, sondern auch in den Pausen. „Uns geht es darum, Störungen zu unterbinden. Aber wir wollen auch Missbrauch verhindern“, sagt Direktorin Brigitta Krimbacher. Darüber hinaus liege ihr einfach daran, „dass sich die Kinder in den Pausen unterhalten und nicht mit ihren Handys spielen“. Verständnis gibt es allerdings dafür, wenn ein Schüler zu Hause anrufen will. Etwa weil eine Schularbeit gut ausgegangen ist und die Eltern bereits auf die Nachricht warten. In diesem Fall darf telefoniert werden, allerdings nur im Bereich des Schulsekretariats. Sonst muss das Telefon ausgeschaltet sein und sollte „am besten“ überhaupt im Spind verstaut werden. Wer erwischt wird, muss sein Handy für die Dauer des Unterrichts abgeben, seit Schulbeginn sei das aber nur zweimal der Fall gewesen, so Krimbacher.
Trotz der strikten Regelung will sie nicht von einem „Verbot“ sprechen: „Wir sagen lieber Verhaltensvereinbarung.“ Diese wurde vom Schulgemeinschaftsausschuss, bestehend aus Lehrern, Eltern und Schülern, gemeinsam erarbeitet.
Auch am Reithmanngymnasium in Innsbruck sind Handys immer wieder Mittelpunkt von Diskussionen. Die Schule hat sich einer umfassenden Herangehensweise verpflichtet, so geht es durchaus auch um positive Aspekte, wie die Nutzung des Handys als Taschenrechner oder Recherche-Instrument. Wie an vielen Schulen gilt ansonsten auch hier die Regelung, dass die Telefone während des Unterrichts nicht benützt werden dürfen. Tauchen Probleme auf, werden sie meist vom Klassenvorstand thematisiert und gelöst, sagt Direktor Max Gnigler. Das gehe bis zu freiwilligen Vereinbarungen, wie handyfreie Tage. Das Telefon bleibt daheim. „Wir müssen den Schülern beibringen, verantwortungsbewusst mit den Geräten umzugehen.“ Von einem generellen Verbot hält der Direktor wenig, mehr dagegen von „gezielten Maßnahmen, wenn eine Situation eskaliert“. Abgenommen werden Handys aber auch hier. Im Wiederholungsfall – „manche haben zwei, drei Geräte“ – bittet der Direktor auch einmal Eltern zum Gespräch und empfiehlt eine handyfreie Zeit.