Tiroler rennt mit Blog-Netzwerk offene Türen ein
Mit seiner interaktiven Abbildung der österreichischen und deutschen Bloggerszene erweckt der 24-jährige Tiroler Luca Hammer viel Interesse. Jetzt schaffte er es mit seinem Projekt blognetz.com sogar zur Internetkonferenz re:publica in Berlin.
Von Vanessa Grill
Innsbruck, Berlin, Paderborn – Es sieht aus wie ein buntgefärbtes, verwobenes Spinnennetz. Dabei handelt es sich nicht, wie man auf den ersten Blick vermuten könnte, um eine banale Spielerei, sondern um die interaktive Visualisierung der Bloggerszene Deutschlands. Der Tiroler Luca Hammer zeigt mit seinem Projekt www.blognetz.com wie deutsche Blogger miteinander vernetzt sind. Die Verbindung der einzelnen Blogger und ihrer Webseiten führt logischerweise zu größerer Bekanntheit und besserem Google-Ranking. Eine Darstellung der Verbindungen hat es bisher noch nicht gegeben. Luca Hammer will die Vernetzung stärken. Ganz uneigennützig sind seine Analysen allerdings nicht. In einem seiner vier Blogs bezeichnet sich der 24-Jährige als „Boy from the Alps. Loves to write and analyze“.
Bereits im Gymnasium hat Hammer, der in Mieders aufgewachsen ist, begonnen zu bloggen. Während seines Publizistik-Studiums in Wien gründete er mit zwei Freunden, Bruno Haid und Flo Lauber, das Start-Up-Unternehmen WORKiO. Dabei handelt es sich um eine Arbeitsvermittlungsbörse mit den Schwerpunkten Übersetzung, Verkauf, Marktanalysen. Hammer kümmert sich dort hauptsächlich um Kommunikation, PR und Community-Building.
Experimentierfeld: Österreichs Blogger
Bereits mit der Idee im Hinterkopf, Österreichs Blogger besser miteinander zu vernetzen, nahm er nebenbei vor einem Jahr die Facebook-Gruppe „Österreichs Blogger“ genauer unter die Lupe. „Das war sozusagen mein Experimentierfeld“, erklärt Hammer. „Dort habe ich kleine Analysen gemacht. Geschaut, wie viele Mitglieder die Gruppe hat, wie viele davon Frauen, wie viele davon Männer sind und welche Verbindungen es innerhalb der Gruppe gibt.“
Als am 19. April diesen Jahres das 400. Mitglied dazukam, beschloss der Tiroler eine „etwas größere Auswertung“ zu machen. Anstelle einer von ihm üblicherweise verwendeten Grafik entschied sich Hammer diesmal für eine interaktive Visualisierung ( www.2-blog.net/projects/atblogger/400 ). „Das interessante an der Visualisierung ist es, herumzuklicken und die Subnetzwerke der einzelnen Personen zu sehen.Viele Leute finden es spannend nicht nur andere Blogger zu finden, sondern auch sich selbst auf der Visualisierung zu suchen und herauszufinden, in welcher Community man drin ist“, erklärt Hammer.“ Die Auswertung zeigt allerdings nicht nur Verknüpfungen sondern liefert auch Ergebnisse. Zum Beispiel, dass es innerhalb der Gruppe 10 Prozent mehr Männer als Frauen gibt. Die meisten Mitglieder nutzen Facebook auf deutsch (62,53%) und der durchschnittliche Weg über den jede Person jede erreichen kann beträgt über 2,5 Verbindungen, maximal 7. „Die Daten sind allerdings nicht repräsentativ. Für mich war das zunächst ein Spaßprojekt“, erklärt Hammer.
Deutsche Blogger machen mit
Das kleine „Spaßprojekt“ blieb jedoch nicht lange unbeachtet. Bereits am nächsten Tag meldete sich der befreundete Digital-Berater Daniel Rehn bei Hammer und schlug eine Visualisierung der deutschen Blogosphäre vor. Also wurde am 21. April die Facebook-Gruppe „Deutschlands Blogger: Ein Projekt“ gegründet. Das Interesse war groß. „Die Gruppe dient nämlich nicht nur der Analyse, sondern hat durch den regen Austausch unter Gleichgesinnten für die Blogger selbst einen großen Nutzen“, weiß Hammer. Innerhalb von zwei Tagen gab es 2000 Mitglieder, mittlerweile sind es 2480. Schließlich wurde ausgewertet und die Visualisierung mithilfe von Web-Entwickler Martin Stücklschwaiger auf der Website www.blognetz.com umgesetzt.
Derzeit können sich Blogger eintragen, die über einen Facebook-Account verfügen, da Luca Hammer seine Daten über die Freundeslisten erhält. Es werden allerdings nur jene Kontakte gespeichert und angezeigt, die ebenfalls Mitglied bei blognetz.com sind. Einmal pro Woche wird die interaktive Grafik upgedatet. „Wir planen allerdings Twitter und Google+ als Alternativen anzubieten“, erklärt Hammer.
Einladung zur Internetkonferenz re:publica
Das Projekt kommt aber bereits ohne weitere Soziale Netzwerke so gut an, dass der Tiroler vergangene Woche kurzfristig zur Internetkonferenz re:publica in Berlin eingeladen wurde. „Es war keine Bühne mehr frei, also hielt ich meinen Vortrag an einem Stand, der für die unerwartete Menge an Zuhörern viel zu klein war“, zeigt sich Hammer zufrieden mit der Ressonanz. „Danach haben sich Leute bei mir gemeldet, die auch bei Textanalysen helfen könnten. Aber auch Blog-Vermarkter, die es sehr spannend finden, über ‚Blognetz‘ herauszufinden, wer ein besonders ‚einflussreicher‘, also ein besonders vernetzter Food- oder Fashion-Blogger ist.“
Hammer selbst macht allerdings kein Geld mit diesem Projekt: „Möglichkeiten es zu monetarisieren gibt es viele. Damit müssten aber auch die Mitglieder einverstanden sein. Noch ist es kein Thema.“
Zukunftsvisionen
Ein großes Thema hingegen ist die Ausweitung von „Blognetz“. Es soll größer werden. In den nächsten Wochen wird die englische Website starten. „Wir werden Land für Land Leute anschreiben und einladen, denn viel interessanter wäre es, global abzubilden, wie Blogger miteinander verbunden sind.“
Auch in Richtung Interaktion solle die Auswertung ausgebaut werden. „Wir möchten nicht nur wie bisher die Verbindung einer Person A zu einer Person B festhalten, sondern auch untersuchen wie oft beispielsweise deren Blog auf Twitter geteilt wurde. Wie oft bei jemanden kommentiert wird, wie oft etwas von jemandem geliked wird“, beschreibt Hammer. „Den Verbindungen kann man dann eine Wertung geben, also wie intensiv die zwei Personen miteinander verbunden sind. Da kann man noch viel machen.“
Angedacht sei auch eine Textanalyse, mit der herausgefunden werden soll, wer ein bestimmtes Thema aufgebracht und wie es sich dann innerhalb des Netzwerks verbreitet hat. „Dafür wäre es wahrscheinlich sinnvoll, auch andere Medien miteinzubeziehen“, überlegt Hammer laut, winkt dann aber schmunzelnd ab, „Das ist halt eine Vision. Wie gut das Projekt funktioniert, wird man in den nächsten Monaten sehen.“ Der Tiroler hat jedenfalls von Analysen noch lange nicht genug.