Korrupte Politiker sollen schneller rausfliegen
Noch vor der Nationalratswahl sollen die Bestimmungen für den Amtsverlust von verurteilten Politikern verschärft werden.
Wien –Mit Peter Westenthaler (BZÖ) und Susanne Winter (FPÖ) sitzen derzeit zwei rechtskräftig nach dem Strafrecht verurteilte Politiker im Nationalrat. Sie konnten beide ihr Mandat behalten, weil die Strafen geringer ausgefallen waren als ein Jahr bedingte Haft – und erst ab dieser Grenze tritt derzeit ein automatischer Amtsverlust ein. Im Parlament laufen aber Bemühungen, die Unvereinbarkeitsbestimmungen noch vor der Nationalratswahl zu verschärfen, berichten die Salzburger Nachrichten. Am Mittwochabend tagen die Klubobleute beim zweiten Nationalratspräsidenten Fritz Neugebauer (ÖVP).
Viel Zeit haben die Parteien nicht mehr, wenn sie tatsächlich noch vor dem Sommer fertig werden wollen. In nicht einmal zwei Monaten findet die letzte reguläre Sitzung des Nationalrats vor der Wahl am 29. September statt. Dazu kommt der parlamentarische Vorlauf, der noch einmal einige Zeit in Anspruch nimmt.
Die Eckpunkte der geplanten Neuregelung zeichnen sich auch schon deutlich ab, erfuhr die Tiroler Tageszeitung im Parlament. Straftaten, die den Grundwerten der Republik widersprechen, sollen strenger geahndet werden. Darunter könnten Wahlfälschung und Korruption, aber auch Steuerdelikte sowie Betrug und Untreue fallen. Wer wegen derartiger Delikte rechtskräftig zu einer Haftstrafe verurteilt wird, müsste sein politisches Amt jedenfalls abgehen – egal wie hoch das Urteil ausfällt, egal ob es bedingt oder unbedingt ausgesprochen wird.
Bei anderen Delikten und Vergehen würde die Grenze höher angesetzt, würde aber auf jeden Fall schärfer ausfallen als die geltende Regelung.
Die Details dieser Grenze sind noch Gegenstand der Verhandlungen.
Winter (24.000 Euro Geldstrafe wegen Verhetzung und Herabwürdigung religiöser Lehren) hätte ihr Mandat jedenfalls behalten können.
Westenthaler (neun Monate bedingte Haft wegen falscher Zeugenaussage) hingegen hätte ein Fall für den automatischen Amtsverlust werden können, abhängig davon, wie die Grenze schließlich gezogen wird.
Der frühere Chef der Kärntner Freiheitlichen, Uwe Scheuch (sieben Monate bedingte Haft und 67.500 Euro Geldstrafe wegen Korruption), wäre seinen Job als Landesrat und Landeshauptmann-Stellvertreter nach der Verschärfung auf jeden Fall los gewesen.
Bereits nach geltendem Recht hätten schließlich der frühere Kärntner ÖVP-Obmann Josef Martinz sowie Ex-Innenminister und EU-Abgeordneter Ernst Strasser (ÖVP) ihr Amt abgeben müssen. Sie waren aber schon vor bzw. während des Verfahrens in erster Instanz zurückgetreten. Zudem sind in beiden Fällen die Urteile – Strasser: vier Jahre unbedingte Haft, Martinz: fünfeinhalb Jahre unbedingte Haft – nicht rechtskräftig.
Nicht geklärt ist neben den Grenzen für den automatischen Amtsverlust das Verfahren zur Aberkennung des Mandats. Derzeit wäre dafür der Verfassungsgerichtshof zuständig – aber nur auf Antrag des Nationalrats.
Der grüne Justizsprecher Albert Steinhauser lehnt diese Vorgangsweise aber ab. „Es kann nicht sein, dass eine Mehrheit entscheidet, ob Amtsverlust eintritt“, sagte er zur TT. Derzeit sei kein Missbrauch zu befürchten, räumte der Grüne ein. Was aber, wenn in 20 Jahren eine Entwicklung wie in Italien unter Silvio Berlusconi eintrete? Steinhauser würde daher einen Automatismus bevorzugen, der den Mandatsverlust nicht von einem Mehrheitsbeschluss abhängig macht.
Die Diskussion über den Amtsverlust für strafbare Politiker war in den vergangenen Jahren vor allem von der ÖVP vorangetrieben worden. Neugebauer und der schwarze Klubchef Karlheinz Kopf reagierten damit vor allem auf die Diskussion um den freiheitlichen Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf, den SPÖ und Grüne aus dem Amt wählen wollten. Diese Möglichkeit der Abwahl aus politischen Gründen lehnt die ÖVP ab und legte stattdessen einen Entwurf für Verschärfungen beim Amtsverlust vor.
Die jüngsten Korruptionsskandale haben die Debatte dann angeheizt. Von der Neuregelung betroffen sein sollen alle Politiker auf Bundes- und Landesebene bis hin zum Bundespräsidenten sowie die Volksanwälte und der Rechnungshofpräsident.
Zur Verhandlungsrunde am Mittwoch bei Neugebauer sind die Klubobleute aller sechs Parlamentsparteien eingeladen. (sabl, APA)