Kunst

Schatten eines fernen Urbilds

Die von Ekkart Sauser dem Land geschenkten Ikonen sind nun im Stift Stams zu sehen.

Von Edith Schlocker

Stams –Ekkart Sausers Vorlesung „Die Theologie der Ikone“, die der gebürtige Innsbrucker Kirchenhistoriker viele Jahre lang an der Innsbrucker Theologischen Fakultät gehalten hat, ist legendär. Mit dem Virus „Ikone“ unheilbar angesteckt wurde der 29-jährige damalige Kaplan in Axams im Sommer 1962 durch die Lektüre des Büchleins „Die Botschaft der Ikonen“. Die Ikone wurde zu Sausers lebenslanger Obsession, er entwickelte sich mehr und mehr zum Spezialisten für die Kunst der Ostkirche, bereits 1963 machte er in Innsbruck eine erste Ikonenausstellung aus zusammengeliehenen Bildern.

Als Ekkart Sauser 1967 an die Theologische Fakultät von Trier berufen wurde, schenkte ihm sein Vater eine griechische Ikone aus dem 18. Jahrhundert, die die Taufe Jesu darstellt. Sie wurde zur Keimzelle einer inzwischen auf rund 400 Objekte angewachsenen Sammlung. Die der inzwischen 80-Jährige mit möglichst vielen Menschen teilen will. Und so ist ein Teil davon permanent im „Ikonenkabinett“ in der Benediktinerabtei Kremsmünster zu sehen und die 60 Ikonen, die Sauser 2006 dem Land Tirol geschenkt hat, nun im Stift Stams.

Wo im Erdgeschoß ein eigener, stimmig intimer Ausstellungsraum adaptiert worden ist. Entführend in eine in ihrer Mystik für westliche Augen und Herzen fremde Bildwelt. Die älteste der gezeigten Ikonen stammt aus dem späten 17. Jahrhundert, die meisten aus dem 18. und 19. Ihre Datierung ist allerdings schwierig, ist jede Ikone doch sozusagen ein „Schatten des Urbildes“, so Sauser, keine Abbildung im üblichen Sinn, sondern eine Vergegenwärtigung mystischer Prozesse. Meist gemalt in Eitempera auf Holz von anonymen Künstlern.

Doch trotz ihres starren formalen Kanons ist jede Ikone anders. So unterscheiden sich russische Ikonen in ihrer Aura und Farbigkeit doch wesentlich von griechischen oder makedonischen. Heilige bzw. Szenen aus dem Heilsgeschehen sind das Thema der Ikonen. Ekkart Sauser hat es allerdings besonders die Gottesmutter Maria angetan. Dargestellt meist vor goldenen Hintergründen als Betende, zärtliche Mutter, Thronende, Entschlafene oder als Beschützerin der Welt.

Die Darstellung ist immer flächig, der Wirklichkeit magisch entrückt, in mehreren Ebenen horizontal und bedeutungsperspektivisch geschichtet. Eine Besonderheit sind Ikonen, die partiell mit fein ornamentierten bzw. reliefartig dreidimensionalen Überzügen ausgestattet sind. In mehrfacher Rolle aus dem Rahmen der Stamser Schau fällt allerdings eine „Ikone“, die der Tiroler Künstler Max Spielmann 1976 – inspiriert von einer Muttergottes-Ikone aus dem 12. Jahrhundert – in Email gestaltet hat.