Prozess in Mailand

Ruby im Zeugenstand: Niemals Sex mit Berlusconi

Am ersten Abend, an dem sie den Ex-Premier traf, habe der damalige Premier ihr ein Kuvert mit Geld gegeben. Aber Geschlechtsverkehr habe sie nie mit Berlusconi gehabt.

Mailand – Die junge Ex-Nachtclubtänzerin Karima el Marough alias „Ruby Herzensbrecherin“, die im Mittelpunkt eines Prozesses gegen den ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi steht, hat am Freitag als Zeugin der Verteidigung vor Gericht ausgesagt. Sie wurde von der Mailänder Staatsanwältin Ilda Boccassini bei einem Verfahren gegen drei Vertrauensleute Berlusconis befragt, die in Zusammenhang mit dem sogenannten Fall Ruby wegen Beihilfe zur Prostitution vor Gericht stehen.

Die 20-jährige Ruby, die in Begleitung ihres Lebensgefährten Luca Rizzo erschien, antwortete auf Fragen darüber, wie sie 2010 den damaligen Regierungschef Berlusconi kennengelernt habe. Die junge Marokkanerin, die damals 17 Jahre alt war, berichtete ausführlich über ihre Tätigkeit als Nachtclubtänzerin und über ihre Kontakte zum Showgirl-Manager Lele Mora. Dieser hatte zuvor vor Gericht behauptet, dass er nicht wusste, dass Ruby minderjährig war. „Sie behauptete, 24 Jahre als zu sein“, berichtete Mora.

Das erste Treffen mit Berlus coni

Ruby erzählte im Detail über ihr erstes Treffen mit Berlusconi in seiner Luxusresidenz in Arcore bei Mailand. Zu Berlusconi sei sie vom Starjournalisten Emilio Fede begleitet worden, einem engen Vertrauten des Medienzaren, den sie bei einem Schönheitswettbewerb auf Sizilien kennengelernt hatte. Auch Fede muss sich wegen Beihilfe zur Prostitution vor Gericht verantworten. „Ich war sehr überrascht, in der Villa des Premiers zu sein. Es war so komisch“, berichtete Ruby über ihre erste Begegnung mit Berlusconi in dessen Villa am 14. Februar 2010.

Bei dem Abendessen in der Villa des Medienzaren habe sie Berlusconi ausführlich über ihre finanziellen Schwierigkeiten erzählt. Sie habe außerdem berichtet, halbe Brasilianerin und halbe Ägypterin und eine Verwandte des ägyptischen Langzeitherrscher Hosni Mubarak zu sein. Nach dem Abendessen habe sie vom damaligen Premier ein Kuvert mit 2.000 bis 3.000 Euro erhalten. Berlusconi habe sie um ihre Telefonnummer gebeten. Am nächsten Tag habe der Medienzar sie angerufen und sie zu einem weiteren Abend in seiner Residenz eingeladen.

Kein Geld für Geschlechtsverkehr

An diesem Abend sei sie in den sogenannten Bunga-Bunga-Saal geführt worden, in dem junge Frauen tanzten, berichtete Ruby. Einige von ihnen seien verkleidet gewesen, unter anderem als sexy Krankenschwestern und Ordensschwestern. Die jungen Frauen seien zwar mit Berlusconi provokant umgegangen, es sei jedoch zu keinerlei sexuellen Kontakten gekommen, versicherte Ruby. Nach dem Abend habe sie mit anderen jungen Frauen bei Berlusconi übernachtet. Am Tag danach habe sie von Berlusconi ein Kuvert mit rund 2.000 Euro erhalten. Sie habe ca. sieben Abende in Berlusconis Residenz verbracht, erklärte sie.

Sexuelle Kontakte mit dem Medienzar bestritt sie. Auf eine Frage des Staatsanwalts Antonio Sangermano dementierte die 20-jährige Marokkanerin, dass sie vom Ex-Premier Geld für Geschlechtsverkehr erhalten habe. „Berlusconi hatte ich erzählt, dass ich 24 Jahre alt bin“, berichtete El Marough. Sie dementierte auch, dass Berlusconi ihr fünf Millionen Euro bezahlt habe, wie sie in ein Notizbuch eingetragen hatte, das von den Ermittlern beschlagnahmt worden war.

Sie habe von Berlusconi lediglich eine Summe erhalten, um einen Schönheitssaloon zu eröffnen, so Ruby. Damit wollte sie ihren Traum verwirklichen, sich selbstständig zu machen. Ruby bestritt, eine Prostituierte zu sein. Sie habe sich niemals für Sex bezahlen lassen, versicherte sie.

Urteil wahrscheinlich am 24. Juni

Berlusconi ist angeklagt, weil er mit der Marokkanerin Sex gehabt haben soll, als diese noch minderjährig war. Der 76-Jährige soll zudem seine Beziehungen genutzt haben, damit die Polizei sie nach einer Festnahme wegen Diebstahls im Jahr 2010 freilässt. Staatsanwältin Boccassini hatte am Montag für Berlusconi eine sechsjährige Haftstrafe und den lebenslangen Ausschluss aus allen öffentlichen Ämtern gefordert. Ruby hatte bisher stets eine sexuelle Beziehung zu Berlusconi bestritten. Sie habe lediglich Geld und Geschenke von ihm angenommen.

Der Medienzar muss sich seit April 2011 wegen der mutmaßlichen Affäre mit Ruby vor Gericht verantworten. Boccassini wirft der Verteidigung des Medienzaren vor, mit Ablenkungsmanövern das Urteil herauszuzögern. Mit einem Urteil im Prozess ist am 24. Juni zu rechnen. (APA)