Führende Oppositionspolitikerin vor Nachwahl in Pakistan erschossen
Die Welle der Gewalt im Zuge der Parlamentswahl in Pakistan reißt nicht ab. Am Samstag wurde eine führende pakistanische Reformpolitikerin aus der Partei des ehemaligen Cricket-Stars Imran Khan (PTI) getötet.
Islamabad - Eine führende Politikerin der zweitstärksten pakistanischen Oppositionspartei PTI ist in der Hafenstadt Karachi erschossen worden. Drei Bewaffnete hätten Zahra Shahid Hussain, Vizepräsidentin der PTI in der Provinz Sindh, am späten Samstagabend vor ihrem Haus niedergeschossen, erklärte die Polizei am Sonntag. Cricket-Legende Imran Khan, der die PTI (Bewegung für Gerechtigkeit) führt, beschuldigte die Regionalpartei MQM der Tat. Diese wies die Vorwürfe zurück.
Die Tat wurde einen Tag vor der Nachwahl in einem von Wahlbetrugsvorwürfen erschütterten Bezirk der 18-Millionen-Einwohner-Stadt verübt. In dem Wahlkreis hat die PTI zahlreiche Anhänger.
MQM-Chef beschuldigt
Khan legte die Tat dem von England aus agierenden Chef der Vereinigten Volksbewegung MQM, Altaf Hussain, zur Last. Hussain habe in öffentlichen Übertragungen Mitglieder der Partei des populären Ex-Spitzensportlers bedroht. Außerdem mache er die britische Regierung verantwortlich, da er sie vor Hussain nach dessen offenen Drohungen gewarnt habe, schrieb Khan auf Twitter. Die MQM reagierte empört auf die Vorwürfe und forderte Khan auf, sie zurückzunehmen.
MQM-Chef Hussain wird in Pakistan wegen Mordes gesucht. Kanada stuft seine Partei als Terrororganisation ein, was er entschieden zurückweist. Vor einigen Tagen hatte er eine Rede gehalten, die viele Pakistaner als Anstiftung zu Angriffen auf politische Rivalen interpretierten. Bei der britischen Polizei gingen scharenweise Beschwerden ein, in denen eine Untersuchung gefordert wurde. Hussain erklärte, seine Worte seien aus dem Kontext gerissen worden.
Nachwahl in Karachi begonnen
Unter großen Sicherheitsvorkehrungen begann indes am Sonntag die Nachwahl in 43 Wahllokalen Karachis, der größten Stadt des Landes. Die erneute Abstimmung war wegen des Verdachts auf Manipulation und verspäteter Öffnung der Wahllokale nötig geworden. Khans PTI unterstellte der in Karachi dominierenden MQM Betrug. Die MQM wiederum rief zum Boykott der teilweisen Wahl auf, da sie eine vollständige Neuwahl verlangt hatte.
Im Vorfeld der Abstimmung war es zu zahlreichen Anschlägen gekommen, etwa 150 Menschen wurden getötet. In Karachi werden täglich etwa ein Dutzend Menschen ermordet, teils aus politischen Gründen, teils werden sie aber auch Opfer von Straßenkriminalität oder Anschlägen der radikal-islamischen Taliban.
Bei der Wahl am Samstag vor einer Woche ist die Muslim-Liga (PML-N) von Ex-Premierminister Nawaz Sharif als klarer Sieger hervorgegangen. Die bisher regierende Volkspartei PPP erhielt die zweitmeisten Sitze im Parlament, dahinter folgte die PTI. Im Wahlkampf waren bei Anschlägen auf Kundgebungen und Parteimitglieder mehr als 120 Menschen getötet worden. Am Wahltag starben 28 Menschen. Die radikalislamischen Taliban erklärten sich für die meisten Angriffe verantwortlich. (dpa/APA/Reuters)