Kunst

Man zeigt, wer man ist und was man hat

Clegg & Guttmann zeigen nobel inszenierte Porträts sowie eine schräge Skulptur namens „Vokuhila“ in der Innsbrucker Galerie Thoman.

Von Edith Schlocker

Innsbruck –Wer etwas war bzw. auf sich gehalten hat, hat sich in früheren Zeiten in repräsentativer Pose malen lassen. Was seit einigen Jahrzehnten gründlich aus der Mode gekommen ist, um nun vom Künstlerduo Clegg & Guttmann auf höchstem Niveau wiederbelebt zu werden. Beide lehren künstlerische Fotografie an den Akademien von Karlsruhe bzw. Wien und folgerichtig sind ihre Porträts nicht gemalt, sondern fotografiert. Analog mittels großformatiger Kameras, bevor die Negative digital bearbeitet und als großformatige Lambda Prints ausgearbeitet werden.

Zehn dieser Porträts haben Michael Clegg und Martin Guttmann in die Galerie Thoman gehängt. Sechs davon sind Auftragsarbeiten von Kunstsammlern, vier Künstler-Bildnisse. Diese sind Gemeinschaftsarbeiten des jeweils Porträtierten und der Porträtierenden, wobei Ersterer hier eindeutig Regie führt. Etwa der Maler Herbert Brandl, der sich als japanischer Mönch inszeniert. In seinem Atelier an einem Tisch sitzend vor einem seiner Bilder und mit einer japanischen Schriftrolle in der Hand, während auf dem Tisch ein Samurai-Schwert liegt.

Der Bildhauer Walter Pichler hat sich für sein Porträt in seinen Lieblingsmantel gehüllt. Zigaretten bzw. ein Aschenbecher liegen bzw. stehen auf einem kleinen Schrank daneben, über ihm hängt eine Zeichnung der Mutter des Künstlers. Franz West inszeniert sich dagegen in fast herablassender Noblesse, Heimo Zobernig stellt sich fast bescheiden an den linken Rand, neben eine nackte Kleiderpuppe und einige seiner Arbeiten.

Jene Bilder, in denen sich Künstler mit ihren Frauen oder Kindern porträtieren lassen, werden dagegen von Clegg & Guttmann inszeniert. Für das Medium Fotografie ungewöhnlich, gibt es von jedem der Bilder nur ein Exemplar. Die Porträtierten blicken durchgehend ernst in die Kamera oder seitlich aus dem Bild hinaus. Die Posen selbst von Kindern sind ruhig, die Menschen zeigen sich in ihren besten Kleidern, die Damen wohlbeschmuckt. Man zeigt, was man hat bzw. wer man ist. Und das in privatem Umfeld, wobei Kunst fast immer eine wesentliche Rolle spielt. Da sitzt etwa eine junge Mutter mit ihren zwei Kindern auf der documenta-Bank von Franz West, zwei kleine Mädchen posieren ebenfalls neben einer Skulptur dieses Künstlers, während sich ein Mann vor seiner beachtlichen Sammlung von Nok-Skulpturen fotografieren lässt.

Wie in den Porträts des 16. und 17. Jahrhunderts hat jedes Detail auf diesen Bildern seine Bedeutung. Was bisweilen durchaus makaber daherkommt, wenn etwa ein Auftraggeber seine drei Kinder vor ein Bücherregal stellt, in dem ein Totenkopf liegt. Die Bezüge an Porträts aus Renaissance und Barock zelebrieren Clegg & Guttmann allerdings ganz bewusst. Auch in der Wahl ihrer Farbigkeit, indem sie die Figuren aus dunklen Hintergründen auf- bzw. abtauchen lassen, wunderbar spielend mit der Haptik von Materialien. Die Wahl der Ausschnitte erklärt sich dadurch, dass die beiden Künstler die von ihnen Porträtierten immer in Lebensgröße darstellen wollen.

Dass die Fotografen Clegg & Guttmann das Spiel mit interaktiven Skulpturen lieben, weiß man. Eine wie die, die sie nach Innsbruck mitgebracht haben, kennt man aller- dings kaum. Sie heißt „Voku­hila“ und ist ein undefinierbar aufgespießtes Etwas aus Draht und schwarz lackiertem Poly- urethan-Schaum. Ihr Titel bezieht sich auf den wienerischen Ausdruck des Stenz bzw. dessen Haartracht, die vorne kurz und hinten lang zu sein hat. Und in seiner schrägen An- mutung ein wunderbares Kontrastprogramm zu den ernst dreinblickenden Gesichtern an den Wänden darstellt.