Auch Österreich winkt ab: Absagen für Snowden bei Suche nach Asyl
Der frühere US-Geheimdienstler Edward Snowden hat in mehreren Ländern Asyl beantragt – darunter auch Österreich. Die Bundesregierung winkt aber bereits ab: Der Antrag sei nicht gültig. Auch andere Länder lehnten sein Gesuch ab. Das Angebot von Russlands Präsident Putin hat Snowden unterdessen ausgeschlagen.
Washington, Wien – Edward Snowden ist weiter auf der Suche nach politischem Asyl. Einen Antrag, in Russland Aufnahme zu finden, zog er zurück. Grund seien die von Präsident Wladimir Putin genannten Asyl-Bedingungen. Putin hatte am Vortag gefordert, dass Snowden aufhören müsse, mit seinen Enthüllungen den USA Schaden zuzufügen. Wenn sich der 30-Jährige daran halte, könne er in Russland bleiben. Nach Darstellung von Kreml-Sprecher Peskow hält der US-Amerikaner diese Bedingung für unannehmbar. Snowden halte sich für einen echten Kämpfer für Wahrheit und Gerechtigkeit, sagte Peskow. Nach Kreml-Angaben wird Russland ihn aber weiter nicht ausliefern, weil in den USA die Todesstrafe verhängt werde.
Snowdens Vater lobt seinen Sohn als Freiheitskämpfer
Der Vater des flüchtigen Ex-Geheimdienstlers hat sich in einem offenen Brief an seinen Sohn gewandt und dessen Handeln als tapfer und ehrenwert bezeichnet. In dem von einem Anwalt verfassten Schreiben wandte sich Lon Snowden am Dienstag an seinen in Moskau gestrandeten Sohn und hob ihn darin auf eine Stufe mit den amerikanischen Freiheitskämpfern des 18. Jahrhunderts. Wie ein „moderner Paul Revere“ rufe er die amerikanischen Bürger dazu auf, gegen die „wachsende Bedrohung der Tyrannei“ aufzubegehren. Paul Revere und Thomas Paine, der ebenfalls in dem Brief erwähnt wird, gehörten zu den wichtigsten Verfechtern der amerikanischen Unabhängigkeit von Großbritannien.
Ed Snowden sei ein „Patriot“, der die Frage nach Privatsphäre auf die nationale Agenda gesetzt habe. Lon Snowden werde die US-Bürger unermüdlich über die „bevorstehende Ruinierung der Verfassung und des Rechtsstaatsprinzips“ unterrichten.
„Antrag für Österreich nicht gültig“
Snowden hat indes unter anderem für Österreich einen Asylantrag gestellt. Das hat Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) am Dienstagvormittag bestätigt. Der Antrag sei Montagnachmittag bei der österreichischen Botschaft in Moskau eingebracht und anschließend weitergeleitet worden. Mikl-Leitner betonte, dass ein solcher Antrag nur direkt im Land gestellt werden könne und nicht über die Botschaft.
Auf die Frage, ob Österreich Snowden, gesetzt den Fall er würde ins Land einreisen, abschieben würde, meinte die Innenministerin, dass dies nicht passieren würde: „Es liegt kein internationaler Haftbefehl vor.“
Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) erklärte, dass Snowdens Asylantrag für Österreich nicht gültig ist. Faymann sagte am Dienstag nach dem Ministerrat, „dass man einen Asylantrag, wer immer einen Asylantrag stellt, in Österreich zu stellen hat. Das ist die einzige Form, einen gültigen Asylantrag zu stellen.“ Auch politisch zugesagt werden könne Asyl nicht.
Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) erklärte, dass Snowdens Asylantrag „einer von 17.000 im Jahr“ sei. „Und das ist jetzt einer mehr“, sagte Spindelegger.
Grüne: „Snowden soll nach Österreich kommen“
Die Grüne Bundessprecherin Eva Glawischnig hat am Dienstag in einer Pressekonferenz erneut verlangt, den US-Aufdecker in Österreich einreisen und einen Asylantrag stellen zu lassen. Für die Bespitzelung durch die USA müsse es Konsequenzen geben, etwa die Aufkündigung diverser Abkommen. Ihr Fraktionskollege Peter Pilz forderte von Innenministerin Johann Mikl-Leitner ein humanitäres Bleiberecht für Snowden. Die FPÖ will von der Regierung ein forscheres Auftreten gegenüber den USA und einen Abbruch der Verhandlungen zum Freihandelsabkommen.
„Außenminister Michael Spindelegger muss bei den russischen Behörden sicherstellen, dass Edward Snowden nach Österreich kommen kann, um ihm so ein ordnungsgemäßes Asylverfahren zu ermöglichen. Oder es muss ihm die Innenministerin ein humanitäres Bleiberecht verschaffen“, so Grünen-Sicherheitssprecher Pilz. Er wolle in den nächsten Tagen im Nationalrat einen Antrag zur Unterstützung Snowdens einbringen und hoffe auf die Unterstützung aller Fraktionen.
Zahlreiche Absagen für Snowden
Einer am Montag von der Enthüllungsplattform veröffentlichten Liste zufolge beantragte Snowden in mehreren Ländern Asyl als politischer Flüchtling - darunter Deutschland, Finnland, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Irland, Norwegen, Polen, der Schweiz und Spanien. Außerhalb Europas habe sich Snowden neben dem bekannten Antrag auf Asyl in Ecuador auch um Aufnahme in weiteren Ländern bemüht, darunter in China, Bolivien, Brasilien und Kuba.
Doch für Snowden hagelte es gleich zahlreiche Absagen. Offiziell werden formale Gründe genannt. „Die Voraussetzungen für eine Aufnahme liegen nicht vor“, teilten das deutsche Auswärtige Amt und das Bundesinnenministerium am Dienstagabend in Berlin mit.
Auch Polen verkündete, dass es Snowden nicht aufnehmen werde. Sein Asylantrag habe nicht den formalen Anforderungen entsprochen, erklärte der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski über Twitter. „Und selbst wenn er sie beachtet hätte, würde ich ihm keine positive Empfehlung geben“, fügte Sikorski hinzu.
Norwegens Außenministerium bestätigte einen Asylantrag Snowdens. Weil dieser aber per Fax gestellt wurde, müsse er nach geltenden Regeln abgewiesen werden, ergänzte der Staatssekretär im Justizministerium, Paal Lönseth, auf Anfrage des norwegischen Senders NRK. Ähnlich die Reaktion aus Finnland und Spanien. Die finnische Botschaft in Moskau habe einen Antrag per Fax erhalten. Das Außenministerium werde aber nicht auf den Antrag reagieren, sagte Arto Kosonen vom finnischen Außenamt.
Auch nach spanischem Recht könne jemand nur dann Asyl beantragen, wenn der Betreffende sich innerhalb Spaniens aufhalte, betonte der spanische Außenminister Jose Manuel Garcia-Margallo. Indien wird den Amerikaner ebenfalls nicht aufnehmen und hat den Asylantrag bereits abgelehnt.
Ecuador: Wollten Snowden nicht zur Flucht verhelfen
Auch Ecuador rückt offenbar immer weiter von Snowden ab. Präsident Rafael Correa sagte in einem Interview mit der britischen Zeitung „The Guardian“, sein Land habe dem US-Informanten nie zur Flucht verhelfen wollen und prüfe einen Asylantrag derzeit noch nicht. Snowden müsse erst ecuadorianisches Territorium erreichen, ehe das Land einen Asylantrag bearbeiten könne. Russland sei nun am Zuge. „Sind wir dafür verantwortlich, ihn nach Ecuador zu bringen? Das ist nicht logisch“, sagte Correa. Es liege an Russland, Snowden ein Reisedokument auszustellen.
Die USA haben den Reisepass des 30-jährigen US-Amerikaners Snowden für ungültig erklärt. Der Aufdecker sitzt im Transitbereich des Moskauer Flughafens Scheremetjewo fest. Correa sagte, seine Regierung habe Snowden mit der Ausstellung von vorübergehenden Reisedokumenten nicht zur Flucht aus Hongkong verhelfen wollen. „Das war ein Fehler unsererseits.“
Asyl in China möglich, aber politisch unwahrscheinlich
China könnte Edward Snowden rein theoretisch Asyl gewähren. Aber ob der frühere US-Geheimdienstmitarbeiter in Peking auch willkommen wäre, erscheint fraglich. In Artikel 32 bietet Chinas Verfassung die Möglichkeit von Asyl für Ausländer. Snowden könnte auch einen Antrag stellen, falls ihn ein chinesischer Diplomat im Transitbereich des Moskauer Flughafens besuchen sollte, wie Professor Wu Qiang von der Tsinghua-Universität in Peking am Dienstag erläuterte. „Rein technisch ist es möglich“ - aber politisch unwahrscheinlich. China sei kein Land, das Asyl gewähre. Es wolle auch keines werden. Anwalt Li Xiaolin sagte, es gebe auch keine entsprechenden Rechtsvorschriften. „Politisches Asyl zu gewähren, ist nur ein diplomatischer Akt“, sagte der Jurist. „Es ist möglich, wenn China es will.“
Eigentlich sei China aber froh, den US-Informanten mit der Ausreise aus Hongkong losgeworden zu sein, meinen Experten. (APA/Reuters/AFP/tt.com)