Letta bekommt Montis Unmut zu spüren
Ex-Premier Mario Monti übt scharfe Kritik an seinem Nachfolger Enrico Letta und droht, mit seiner Zentrumspartei aus der Koalition auszutreten. Letta berief das Kabinett zur Krisensitzung ein.
Rom – Der italienische Premier Enrico Letta bekommt den Unmut des Bündnispartners und Amtsvorgängers Mario Monti zu spüren. Monti drohte mit dem Austritt seiner Zentrumspartei aus der Koalition in Rom, sollte das Kabinett nicht strukturelle Wirtschaftsreformen zügig umsetzen. Monti warf dem Kabinett zweideutiges Verhalten bei der Umsetzung des Regierungsprogramms vor und forderte die Unterzeichnung eines „Koalitionsvertrags“, um das Engagement der Gruppierungen, die die Regierung Letta unterstützen, noch verbindlicher zu machen.
Die Fraktionschefs der Monti-Partei „Scelta Civica“ im Parlament, Lorenzo Dellai und Gianluca Susta, verlangten eine Überprüfung der Machtverhältnisse in der Koalition. „Wir müssen den Zusammenhalt stärken, um die großen Hürden zu überwinden, die uns in den kommenden Monaten bevorstehen. Angesichts der nicht bewältigten politischen Fragmentierung müssen wir im Detail einen ́Regierungspakt ́ definieren, der unsere Beziehung zu dieser Koalition regelt“, betonten die Vertreter von „Scelta Civica“. Daraufhin rief Letta das Kabinett für Donnerstag zu einer Krisensitzung zusammen. Er sei sicher, dass bestehende Probleme dabei gelöst würden, sagte Letta.
Präsident Napolitano glaubt nicht an Koalitionsbruch
Der italienische Staatschef Giorgio Napolitano zeigte sich zuversichtlich, dass die Stellungnahme der Monti-Partei nicht zu einem Bruch der Koalition führen werde. „Ich glaube, dass Monti die Regierung Letta stimulieren will, ihr Bestes zu geben. Jetzt muss man abwarten, wie die Bündnispartner auf Montis Appell reagieren. Hauptsache, die Regierung kann abseits jeglicher politischer Polemik, die sich außerhalb des Kabinetts abspielt, in Ruhe weiterarbeiten“, erklärte Napolitano.
Monti musste vom Minister für die Beziehungen zum Parlament, Dario Franceschini, Kritik hinnehmen. “Ich bedauere, dass auch Monti, wie andere vor ihm, mit dem Regierungssturz droht“, sagte der Minister, der die Schwierigkeiten der Regierung hervorhob. „Es wäre wunderbar, strukturelle Wirtschaftsreformen mit großen Geldmitteln umsetzen zu können. Wir müssen aber die Drei-Prozent-Defizitschwelle respektieren und können uns daher große Ausgaben für das Wirtschaftswachstum nicht leisten”, so Franceschini.
Italien befindet sich in der längsten Rezessionsphase seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Die Arbeitslosigkeit ist auf ein Rekordhoch gestiegen. In der Regierungskoalition gibt es Streit über eine von Monti eingeführte Immobiliensteuer. Das Mitte-Rechts-Lager verlangen trotz klammer öffentlicher Kassen die Abschaffung der Steuer. (APA)