US-Spionage: In Österreich vor allem erfolgreiche Betriebe als Ziel
Datenschützern zufolge interessieren sich die US-Überwacher nicht für Normalbürger oder Politiker in Österreich. Vielmehr seien es heimische Hochtechnologie-Betriebe, die ausspioniert würden.
Washington/Wien - Weder der normale Bürger, noch die Politik seien in Österreich Ziel von US-Geheimdienstaktivitäten, im Mittelpunkt stehe vielmehr Wirtschaftsspionage. Dies erklärte der Obmann der Arge Daten, Hans Zeger, am Dienstag im Gespräch mit der APA. Der Abgeordnete Johann Maier - Vorsitzender der Datenschutzkommission im Bundeskanzleramt - meinte auf Anfrage, man brauche Informationen, um rechtspolitische Schlussfolgerungen aus dem Verhalten der USA und auch Großbritanniens ziehen zu können.
„Das haben wir schon vor Jahren gesagt, dass sich die NSA nicht für Bürger und Politiker in Österreich interessiert, da gehen die direkt auf die EU-Ebene“, sagte Zeger. Seit 15 bis 20 Jahren geht es vorrangig um Wirtschaftsspionage, dabei werden erfolgreiche Unternehmen ausgespäht. „Wir dürfen nicht vergessen, Österreich ist ein Hochtechnologieland. Wir haben gute Unternehmen, wie AT&S, FACC, die OMV, AVL List und auch etliche Firmen, die sich mit Glasfasertechnologie beschäftigen,“ so Zeger.
„Schutz vor Terror“ als Hauptargument
Er habe mit etliche Leuten gesprochen, deren Unternehmen auch in den USA tätig seien: „Die sagen alle, die Vereinigten Staaten agieren ultraprotektionistisch“. Vordergründig würde argumentiert, man müsse Terrorismus und Korruption unterbinden. Vor allem durch letzteres würden amerikanische Unternehmen Wettbewerbsnachteile erleiden, heiße es dann, und es gehe auch um die Erhöhung der nationalen Sicherheit der USA. „Das ist aber ein dehnbarer Begriff, da bringe ich jedes Unternehmen unter, ob mittelbar oder unmittelbar. Sogar wenn ich einem sogenannten ‚Schurkenstaat‘ Sand statt Öl abkaufe, finanziere ich unter diesem Aspekt den Terrorismus“, führt Zeger aus.
Ein grundsätzliches Problem sei es auch, dass man es in den Staaten der EU verabsäumt habe, eigene funktionierende Wege in der Informationstechnologie bei Hardware und Software zu gehen. Es habe da durchaus Ansätze gegeben, „ein Zoo an Betriebssystemen“. Das sei aber vorbei, alle wesentlichen Systeme seien in den USA unter Patentschutz und nur dort gebe es die Fertigungslizenzen. Man dürfe nicht vergessen, dass die gesamte Informationstechnologie fast ausschließlich in US-Hand sei. Die Informationsströme würden über drei bis vier wichtige Knoten in den USA laufen.
Sicherungsmaßnahmen eine Kostenfrage für Firmen
Große Firmen seien sich durchaus bewusst, dass man sich mit einem Betriebssystem einen potenziellen Spion ins Haus hole. Aber einerseits seien Sicherungsmaßnahmen auch eine Kostenfrage, und Kleine und Mittlere Unternehmen (KMU) könnten es sich oft nicht leisten. Ein Lösungsansatz wäre, dass die EU sage, „wir stellen unsere eigenen Systeme her, geprüft von der ENISA (Europäische Agentur für Informations- und Netzsicherheit, Anm.). Dann hätte man wenigstens eine Wahlmöglichkeit.“
Der SPÖ-Abgeordnete Maier erklärte, Bundeskanzler Werner Faymann werde die EU-Kommission ersuchen um Aufklärung bei den USA nachzusuchen, und zwar in Hinblick auf das US-Programm „Prism“ und das britische „Tempora“. „Die Briten seien ja der Auffassung, nichts Illegales getan zu haben“, sagte Maier. Andere Stimmen würden meinen, dass es sich beim britischen Verhalten um eine Verletzung des EU-Vertrags handle.
„Momentan sind wir da auf Goodwill angewiesen, aber wir können durchaus auch Druck ausüben - auf Großbritannien über die EU-Kommission, auf die USA mit der Sistierung der Gespräche über das geplante Freihandelsabkommen“, so Maier. Wünschenswert wäre ein Datenschutzabkommen zwischen EU und USA, als Bedingung für das Freihandelsabkommen. Grundsätzlich müssten bei Geheimdienstaktivitäten die Parlamente eingebunden werden. Er könne sich auch eine Art Generalanwalt vorstellen, der die Aktivitäten koordiniere, so Maier. (APA)