Nationalrat-Finale

Wildes „Schuldzuweisungsfestival“ um Kärntner Hypo im Nationalrat

Für die Grünen ist das „Desaster“ der Hypo Alpe-Adria das größte Finanzdebakel der Zweiten Republik. In einer Dringlichen Anfrage im Nationalrat übten sie scharfe Kritik an Finanzministerin Fekter. Diese konterte und sprach von einem „Wahlkampf-Manöver“ der Opposition. Außerdem werde der Bank durch das Verbreiten von „Horrorzahlen“ nur massiv geschadet.

Wien, Klagenfurt - Zu einem veritablen Match zwischen Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) und dem Grünen Vizechef Werner Kogler hat sich Donnerstagnachmittag die Debatte der „Dringlichen Anfrage“ zur Kärntner Hypo entwickelt. Sprach der Grünen-Mandatar vom „größten Bankraub der Geschichte“, konterte die Ressortchefin mit dem Vorwurf eines „durchsichtigen Wahlkampf-Manövers“. Sämtliche Vorwürfe der Grünen gegen ihr Vorgehen rund um die Rettungsbemühungen um die Hypo Alpe Adria wies die Ministerin zurück. Das BZÖ scheiterte am Abend mit seinem Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Die Regierungsmehrheit stimmte dagegen.

In der „Dringlichen Anfrage“ an Fekter hatten die Grünen einmal mehr das Vorgehen der Regierung, vor allem der ÖVP, rund um die Notverstaatlichung der Krisenbank angeprangert. Sogar von einem „Schurkenstück der Sonderklasse“ war in der Begründung der „Dringlichen“ die Rede. Nach Grüner Darstellung ist das „Desaster“ der Hypo Alpe-Adria das „größte Finanzdebakel der Zweiten Republik“. Umgerechnet könne jeder Österreicher wegen der „faulen Kredite“ mit 1.350 Euro belastet werden.

Fekter weiter vehement gegen „Bad Bank

Jedenfalls will Fekter weiterhin eine „Bad Bank“ verhindern. Denn die Bildung dieser würde heißen, „dass man jene Teile, die hässlich sind, die Verluste bringen, dem Steuerzahler umhängt und gewinnbringende Teile verkauft.“ Es brauche kreativere Lösungen, worunter Fekter eine Verwertungsgesellschaft verstehe. Denn Immobilien oder Leasing-Geschäfte bräuchten keine Bank. Man müsse sich eben jetzt um Partner bemühen.

Statt gesamtstaatliche Verantwortung zu übernehmen, schädige die Opposition aus wahlkampftaktischem Kalkül die Bank und damit den Steuerzahler in einer ungeahnten Weise, entrüstete sich Fekter: „Jede verbreitete Horrorzahl geht zu Lasten der Bank.“ Am schädlichsten ist aus Fekters Sicht, weiter „apokalyptische Szenarien“ zu verbreiten, wie dies die Grünen täten: „Der Steuerzahler ist ihnen für ein Wahlkampf-Geplänkel total wurscht.“

„Opposition für Kranebitter-Rückzug verantwortlich“

Etwas erstaunlich war, dass die Finanzministerin dann die Opposition auch gleich dafür verantwortlich machte, dass Hypo-Chef Gottwald Kranebitter diese Woche seinen Rückzug angekündigt hatte. Denn Kranebitter hatte sich zwar tatsächlich gegen das Nennen von Horror-Zahlen gewandt, aber es wurde auch kolportiert, dass er mit dem von Fekter nach Brüssel gemeldeten Restrukturierungsplan - gelinde gesagt - keine Freude hatte.

Fekter focht das in ihrer Kritik an der Opposition nicht an, im Gegenteil attackierte sie diese noch, weil sie die Vertraulichkeit eines geheimen Ausschusses gebrochen habe, in dem ihr Zitat, wonach die Hypo ein Fass ohne Boden sei, an die Öffentlichkeit gebracht wurde. Dies beantwortete Grünen-Bundessprecherin Eva Glawischnig mit Ärger. Denn diese Aussage der Ministerin sei ganz einfach in einem Bericht der Parlamentskorrespondenz transportiert worden.

Wie auch immer - dass sie oder ihr Vorgänger Josef Pröll (ÖVP) in Sachen Hypo etwas falsch gemacht haben könnte, kam der Ministerin nicht in den Sinn. Die Richtigkeit ihrer Vorgangsweise werde „eindrucksvoll“ durch positive Aussagen von EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia zum Restrukturierungsplan bestätigt.

Freilich gibt es noch keine verbindliche Zusage Brüssels, weshalb Fekter sich außer Stande sah, seriöse Zahlen zu nennen, wie hoch etwa heuer der Finanzbedarf noch sein werde oder welche Auswirkungen es aufs Budget noch geben könne. Bezüglich der Haftungshöhen nannte Fekter 15,8 Milliarden, die sich zu 1,8 Mrd. auf den Bund und mit dem Rest auf das Land Kärnten aufteilten.

„Pleite hätte zweites Lehman in Europa produziert“

Dass der Staat als Retter bei der Hypo einspringen musste, ist für die Ministerin auf der Hand liegend. Die Hypo sei damals systemrelevant für Österreich und die Balkan-Region gewesen. Eine Pleite hätte einen Domino-Effekt ausgelöst und möglicherweise ein „zweites Lehman in Europa produziert“.

Kogler hatte in der Begründung der „Dringlichen“ nochmals die Argumente seines Antrags vorgetragen und Fekter nicht geschont, ganz im Gegenteil ihr Versagen auf allen Ebenen attestiert. Was bei der Hypo passiere, sei der „größte Raubzug auf Kosten der Steuerzahler“. Es handle sich sogar um einen „organisierten Anschlag auf die Steuerzahler.“

Prammer empfahl Fekter „Ton zu mäßigen“

Unerwartet scharf stieg Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) nach dem Duell Kogler-Fekter ins Geschehen ein und empfahl der Ministerin indirekt, sich im Ton gegenüber den Abgeordneten zu mäßigen.

Das wiederum regte VP-Klubchef Karlheinz Kopf auf, der meinte, auch eine Ministerin werde sich wohl noch wehren dürfen. Während Grüne, BZÖ und Team Stronach Prammer zur Seite sprangen, meinte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, in der Emotion seien schärfere Worte schon einmal möglich und zumindest er würde sich zu wehren wissen.

Opposition weist Fekters Vorwürfe empört zurück

Auch danach blieb der Ton in der Debatte über weite Strecken ziemlich aufgeregt. Die Opposition wies die von Fekter vorgebrachten Vorwürfe, sie sei mit ihren Aussagen schuld am Debakel der Bank, empört zurück. SPÖ und ÖVP erinnerten einmal mehr daran, dass die Wurzeln der Hypo-Probleme in teils kriminellen Vorgängen im blau-orangen Kärnten Jörg Haiders lägen.

Es „schlägt dem Fass den Boden aus“, wenn Fekter den Grünen unterstelle, sie seien am Hypo-Debakel schuld, hielt Abg. Bruno Rossmann der angriffigen Rede der Finanzministerin entgegen. Fekter und die Regierung hätten das Debakel zu verantworten. Nicht die Grünen agierten verantwortungslos, sondern „Sie und (Staatssekretär Andreas) Schieder, das ist strukturierte Verantwortungslosigkeit zum Schaden der Steuerzahler“, versuchte er, den Spieß umzudrehen.

ÖVP und SPÖ sehen Schuldige in Kärnten

Das wiederum wies SPÖ-Klubobmann Josef Cap als „Schuldzuweisungsfestival“ zurück: Nicht Rot und Schwarz trügen die Schuld. Der Beginn der Geschichte liege in den Ausfallshaftungen des Landes Kärnten unter LH Jörg Haider und dem früheren ÖVP-Chef Josef Martinz. Diese hätten die Notverstaatlichung nötig gemacht. Empörte Zwischenruf erntete er dafür, dass er schuldzuweisend auf FPÖ und BZÖ zeigte. Was Cap wiederum mit „Je lauter der Zwischenruf desto schlechter das Gewissen“ quittierte.

Auch ÖVP-Finanzsprecher Günter Stummvoll sah den Auslöser für die „Notsituation“ der Verstaatlichung in Kärnten. Dort sei neben Missmanagement, einer lockeren Hand beim Geldausgeben und der Vernetzung von Vorstand und Politik auch noch „kriminelle Energie“ am Werk gewesen, erinnerte er an die rechtskräftige Verurteilung von Ex-Hypo-Chef Wolfgang Kulterer diese Woche. Wie Cap und zuvor schon Finanzministerin Fekter auch wies Stummvoll die Forderung nach einer Bad Bank zurück: Dies wäre die von Bankenmanagern gewünschte Lösung, würde aber „maximale Belastung der Steuerzahler“ bedeuten.

Dass die FPÖ zu den Schuldigen gezählt wird, konnte deren Klubobmann Heinz-Christian Strache nicht stehen lassen. Er wandte sich scharf dagegen, dass „Sie immer wieder mit dem Gespenst Jörg Haider daherkommen“. Die Regierung versuche nur, „sich abzuputzen“ und davon abzulenken, dass Ex-VP-Finanzminister Josef Pröll durch die Notverstaatlichung mit österreichischen Steuergeldern den Bayern die Verantwortung abgenommen habe. Die Regierung wolle auch keinen Untersuchungsausschuss, für den die Opposition eintrete. Das BZÖ brachte denn auch einen weiteren Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Causa Hypo ein.

Zweite Runde in der Sommerschlusswoche

Der Kehraus des Nationalrats ging am Donnerstag unterdessen in die zweite von drei Runden. Es stand unter anderem die Pflegefonds-Verlängerung und die Pflegekarenz, die Reparatur des Transparenzpakets, das neue Staatsbürgerschaftsrecht und die Stiefkindadoption für gleichgeschlechtliche Paare zum Beschluss an.

Auch der Zivildienst wurde am vorletzten regulären Plenartag vor der Nationalratswahl attraktiviert, und Kinder werden durch ausgeweitete Betretungsverbote vor gewalttätigen Eltern geschützt. Im Schulbereich wurde nicht nur die Ganztagesbetreuung verlängert, auch die Bezirksschulräte werden - nach einer Einigung am Mittwoch - doch noch abgeschafft.

Insgesamt müssen von Mittwoch bis Freitag mindestens 135 Tagesordnungspunkte abgearbeitet werden. Hier ein Überblick: