Innenpolitik

„Österreich ist ein Juwel“

William Eacho kehrt nach vier Jahren als amerikanischer Botschafter in seine Heimat zurück. Im Abschiedsinterview streut er seinem Gastland Rosen.

Nach Ihrer Ankunft in Österreich vor vier Jahren haben Sie der TT gesagt, dass Sie Präsident Barack Obama persönlich kennen und ihn anrufen können. Haben Sie ihn jemals kontaktiert?

William Eacho: Ich war in Kontakt mit ihm, aber nicht im Zusammenhang mit Österreich. Nichts von dem, womit wir hier befasst waren, hat eine Stufe erreicht, die es notwendig gemacht hätte, den Präsidenten anzurufen.

Wir haben auch über das amerikanische Misch-System von Berufsdiplomaten und politisch bestellten Botschaftern wie Ihnen gesprochen ...

Eacho: Politisch bestellte Botschafter können sich eher gegen die Bürokratie behaupten und sind eher bereit, ein Risiko einzugehen, weil sie sich nicht um ihre Karrieren sorgen müssen. Deshalb können sie oft mehr erreichen.

Eines Ihrer Ziele war, das Image der Vereinigten Staaten zu verbessern. Ist Ihnen das gelungen?

Eacho: Ja, bei gewissen Themen. Natürlich helfen die jüngsten Vorwürfe nicht (der Spionageskandal, Anm.). Aber es gibt jetzt etwa beim Thema Klimawandel ein Verständnis dafür, dass die Vereinigten Staaten mehr tun, als die Leute gedacht haben. Tatsächlich geht unser Ausstoß von Treibhausgasen zurück, während es in Europa Länder gibt, in denen die Emissionen zunehmen.

Dennoch hat es Desillusionierung gegenüber Obama gegeben. Können Sie das verstehen?

Eacho: Die Leute hatten unrealistische Erwartungen. Beispielsweise will Präsident Obama nach wie vor (das Gefängnis in) Guantánamo schließen. Aber dafür brauchen wir Hilfe. Wir wollten Häftlinge in die USA bringen und der Kongress hat Nein gesagt. Dann haben wir unsere Freunde in Europa gebeten, Häftlinge aufzunehmen, und viele haben der Bitte entsprochen, aber es waren nicht genug.

Österreich hat niemanden aufgenommen ...

Eacho: Das ist enttäuschend. Ich glaube, die Menschen in Österreich hätten Verständnis und würden die Aufnahme von Häftlingen unterstützen.

Wie hat sich Ihr Bild von Österreich in Ihren vier Jahren hier verändert?

Eacho: Österreich ist ein leuchtender Juwel in Europa: hohe Lebensqualität, niedrige Arbeitslosigkeit, hohes Pro-Kopf-Einkommen, schöne Umwelt, gutes öffentliches Transportsystem und die Menschen sind im Allgemeinen körperlich fitter als in den USA. Es gibt hier eine Wertschätzung dafür, gesund zu essen, zu Fuß oder mit dem Fahrrad in die Arbeit zu kommen ... Ich habe mich in Österreich verliebt.

Kann Österreich in mancher Hinsicht als Modell für die USA dienen?

Eacho: Auf jeden Fall – bei den vielen kleinen Dingen, die die Lebensqualität verbessern, etwa das öffentliche Transportsystem. Wir haben da sicher noch einen langen Weg vor uns.

In der Außenpolitik haben die USA Österreich stets gedrängt, sich international mehr zu engagieren. Wie sehen Sie den Abzug vom Golan?

Eacho: Vor dem Abzug haben wir Österreich als zunehmend verlässlichen Partner wahrgenommen. Österreich leistet sehr gute Arbeit in Friedensmissionen. Der Abzug vom Golan ist enttäuschend, aber verständlich, weil sich die Situation dort verändert hat. Hoffentlich kommt es zu einer Friedenskonferenz für Syrien und dann brauchen wir vielleicht Truppen, die helfen, diesen Frieden zu sichern. Vielleicht kehrt Österreich dann ja zurück.

Was sind Ihre Pläne für die eigene Zukunft?

Eacho: Ich werde mir den August freinehmen und darüber nachdenken, was ich als Nächstes tun will. In jedem Fall werde ich einige Verbindungen mit Österreich erhalten, das habe ich bereits zugesagt. Und das gibt mir eine Ausrede, von Zeit zu Zeit hierher zurückzukommen.

Sie waren ein Republikaner und haben dann Präsident Obama unterstützt. Werden Sie wieder zurückwechseln?

Eacho: Die Republikanische Partei hat viel Arbeit vor sich, um sich selbst zu definieren. Selbst Ronald Reagan könnte heutzutage in der Republikanischen Partei nicht gewählt werden. Sie ist einfach zu extrem geworden. Zugleich haben wir Extreme, die die Demokratische Partei nach links ziehen. Deshalb ist der Kongress viel zu polarisiert geworden. Ein Grund dafür liegt in unserem System der Aufteilung der Wahlbezirke, der Vorwahlen usw. Wir müssen das reparieren. An der Reform unseres politischen Systems zu arbeiten, ist eines der Projekte, die ich mir vorstellen kann.

Haben Sie einen Rat für Ihre Nachfolgerin?

Eacho: Der Schlüssel ist, Österreich zu genießen, mit den Leuten zu reden und sich voll und ganz zu beteiligen. Es ist eine unglaubliche Erfahrung, die man nur einmal macht.

Das Gespräch führte Floo Weißmann