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Telekom-Affäre: Justiz gewährt Schieszler Kronzeugen-Status

Der Ex-Controlling-Chef hatte 2011 mit umfassenden Aussagen zu verschiedenen dubiosen Zahlungsvorgängen innerhalb des Telekom-Konzerns umfangreiche Ermittlungen der Justiz in die Wege geleitet, die bisher zu mehreren Verurteilungen und Anklagen geführt haben.

Wien - Gegen eine Zahlung von 300.000 Euro und die Erbringung gemeinnütziger Leistungen im Ausmaß von 120 Stunden entgeht der ehemalige Controlling-Chef der Telekom Austria (TA), Gernot Schieszler, einem Strafprozess. Wie die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien, Nina Bussek, sowie Schieszlers Anwalt Stefan Prochaska am Donnerstag der APA übereinstimmend bestätigten, hat die Justiz dem 43-jährigen Grieskirchner den Kronzeugen-Status im Sinn des § 209a Strafprozessordnung (StPO) zugestanden.

„Es ist von unserer Seite ein Diversions-Angebot an Schieszler ergangen“, stellte Bussek fest. Sollte Schieszler, der Ende Juni 2009 von seinen Funktionen bei der TA zurückgetreten war, zu einer teilweisen Schadensgutmachung und der Erbringung von gemeinnützigen Leistungen bereit sein, wird das Verfahren gegen ihn eingestellt.

Wie dazu Dagmar Albegger, Ressortmediensprecherin des Justizministeriums, erklärte, würde damit österreichweit erstmals die in der StPO normierte Kronzeugen-Regelung Platz greifen. Das Justizministerium hatte das in einen Vorhabensbericht gegossene Vorgehen der Staatsanwaltschaft genehmigt.

Schieszlers Rechtsbeistand Stefan Prochaska, der sich seit zwei Jahren in diese Richtung stark gemacht hatte, ließ keinen Zweifel, dass sein Mandant die Bedingungen der Justiz erfüllen wird. „Das Geld liegt in gesamter Höhe bereits am Treuhand-Konto bereit“, stellte Prochaska im Gespräch mit der APA fest. Die Justiz werde „in wenigen Tagen“ die Überweisung erhalten.

Wo Schieszler die gemeinnützigen Leistungen erbringen wird, steht noch nicht fest. Der Verein Neustart wird dem 43-Jährigen eine geeignete Stelle vermitteln. Wie sein Rechtsbeistand erläuterte, will Schieszler die Arbeiten so rasch als möglich verrichten, um sämtliche für die Einstellung des gegen ihn gerichteten Verfahrens erforderlichen Bedingungen zu erfüllen.

Gemäß §209a Strafprozessordnung (StPO) ist ein Strafverfahren dann einzustellen, wenn ein sogenannter Kronzeuge freiwillig sein Wissen über Tatsachen offenbart, die noch nicht Gegenstand eines gegen ihn geführten Ermittlungsverfahrens sind und deren Kenntnis wesentlich zur Klärung einer oder mehrerer Straftaten beigetragen haben.

Dass die Justiz Schieszler letztlich als Kronzeugen akzeptiert hat, nahm sein Anwalt zufrieden zur Kenntnis: „Wir sind sehr erfreut, dass es funktioniert hat.“ Er wertete das Diversions-Angebot der Staatsanwaltschaft als „großen Erfolg“ und hielt fest: „Justizgeschichte schreibt man nicht jeden Tag“.

Schieszler soll unter anderem im Jahr 2004 in Manipulationen des TA-Aktienkurses verwickelt gewesen sein - in diesem Zusammenhang wurden auf Basis seiner Angaben die Ex-TA-Vorstände Rudolf Fischer, Stefano Colombo und Josef Trimmel Ende Februar 2013 in erster Instanz wegen Untreue schuldig gesprochen. Colombo erhielt dreieinhalb Jahre, Fischer drei Jahre unbedingt, Trimmel drei Jahre teilbedingt.

Schieszler soll außerdem mit seiner Unterschrift dazu beigetragen haben, dass der ehemalige TA-Marketing-Chef Stefan Tweraser nach seinem Ausscheiden in den Genuss von 585.600 Euro kam, die ihm die TA laut einer rechtskräftigen Anklageschrift gegen Tweraser und drei Mitangeklagte auf Basis einer „Scheinrechnung“ ohne werthaltige Gegenleistung gezahlt hat.

Schieszler hatte sein Wissen über kriminelle Vorgänge innerhalb der TA in zahlreichen Aussagen vor der Staatsanwaltschaft Wien und der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftskriminalität und Korruption (WKStA) preisgegeben, die bisher in vier Anklageschriften - darunter bereits gerichtsanhängige Zahlungsflüsse an die FPÖ und das BZÖ - mündeten. Weitere Anklagen dürften folgen. (APA)