Sport in Tirol

Ex-Gerolsteiner-Arzt: „Placebos statt Dopingmittel verabreicht“

Der Mediziner habe den Athleten „im Glauben gelassen“, dass es sich um das verbotene Präparat gehandelt habe.

Stuttgart – Ein früherer Mannschaftsarzt hat nach eigenen Angaben beim ehemaligen deutschen Rad-Team Gerolsteiner nie Dopingmittel verabreicht und sich dabei einer ungewöhnlichen Strategie bedient. Der Mediziner behauptete am zehnten Verhandlungstag im Betrugsprozess gegen Ex-Profi Stefan Schumacher in Stuttgart, dass er einem Radprofi Placebos anstelle des vom Sportler gewünschten Dopingmittels Synacthen verabreicht habe.

Er habe den Athleten „im Glauben gelassen“, dass es sich um das verbotene Präparat gehandelt habe, sagte der als Zeuge geladene Arzt. Dopingmittel habe er nie verabreicht. „Ich kann für mich reinen Gewissens sagen, dass ich das Risiko nie eingegangen bin.“

Er war der erste Arzt, der bei dem Prozess Rede und Antwort stand. Der damals leitende Teamarzt, der ebenfalls am Donnerstag hätte aussagen sollen, ließ sich mit dem Hinweis auf eine Urlaubsreise entschuldigen. Am Mittwoch hatte ein weiterer Ex-Teamarzt per Fax erklärt, dass er bis zum 3. Juli Urlaub mache und deshalb nicht aussagen könne.

Schumacher wird vorgeworfen, sich Gehalt von mehr als 150.000 Euro erschlichen zu haben. Trotz Nachfrage habe er 2008 Doping bei der Tour de France geleugnet. Später war er als Dopingsünder überführt worden. Bei Gerolsteiner fuhr Schumacher auch mit dem Tiroler Georg Totschnig (2006) und dem ebenfalls bei der Frankreich-Rundfahrt vor fünf Jahren positiv auf Cera getesteten Niederösterreicher Bernhard Kohl.

Kein Dopingmittel für Totschnig

Der frühere Gerolsteiner-Teamarzt wies auch die vom Angeklagten Schumacher im Verlauf des Prozesses aufgestellte Behauptung zurück, wonach er Totschnig das Dopingmittel Synacthen gespritzt habe. Der betreffende Mediziner war von 2005 bis 2007 für Gerolsteiner im Einsatz. Totschnig gewann 2005 eine Etappe der Tour de France und wurde daraufhin Österreichs „Sportler des Jahres“.

„Ich hatte nie Dopingsubstanzen im Angebot. Ich setze nicht meine ganze berufliche Zukunft aufs Spiel, um Sportlern verbotene Präparate zu geben“, betonte der frühere Gerolsteiner-Arzt vor Gericht. In seiner Zeit beim deutschen Rennstall sei er aber von Fahrern explizit auf Manipulationsmöglichkeiten angesprochen worden. (APA/dpa)