EU-Parlamentschef rügt Staaten: Umgang mit Morales „beschämend“
In Südamerika herrscht Wut über den Zwangsstopp der bolivianischen Präsidentenmaschine in Wien. Auch EU-Parlamentspräsident Schulz ist empört über den Umgang von Frankreich, Italien, Portugal und Spanien mit Boliviens Staatschef Evo Morales.
Washington, Madrid, La Paz - EU-Parlamentspräsident Martin Schulz kritisierte am Freitag auf einem Wirtschaftsforum in Madrid scharf die Behandlung, welche der bolivianische Präsident Evo Morales seitens einiger EU-Länder erfahren hatte. Die Verweigerung der Überflugrechte und das Festsetzen des Präsidenten auf dem Wiener Flughafen sei „beschämend und inakzeptabel“ gewesen, erklärte Schulz in Madrid, wo er am Nachmittag den spanischen Regierungschef Mariano Rajoy (PP) traf.
Auf dem Flug von Moskau nach La Paz hatte Morales Anfang der Woche einen fast 14-stündigen Zwangsstopp in Wien einlegen müssen, weil Frankreich, Italien, Portugal und Spanien ihm das Überflugrecht verweigerten. Ihnen sollen Informationen zugespielt worden sein, nach denen sich der von den USA gesuchte Ex-US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden in der bolivianischen Präsidentenmaschine befände. Morales und mehrere lateinamerikanische Staatschefs haben am Donnerstag bei einem Gipfel in Bolivien bereits eine offizielle Entschuldigung von Frankreich, Spanien, Italien und Portugal verlangt. Spaniens Außenminister Jose Manuel Garcia-Margallo wies die Vorwürfe am Freitag jedoch zurück. Man habe Informationen erhalten, dass Snowden an der Bord der Maschine sei. Ein Überflugverbots sei aber niemals erstellt worden.
USA soll sich für Bespitzelung rechtfertigen
Schulz forderte unterdessen eine sofortige Aufklärung, von welcher Stelle die Informationen kamen und erklärte, dass auch „wir Europäer die Regel der internationalen Rechts einhalten müssen“. Dennoch nahm Schulz das Thema zum Anlass, die USA für den jüngsten Spionageskandal um Ausspähmaßnahmen gegen die EU und deren Mitgliedsstaaten zu kritisieren. Snowden hatte ja durch die Veröffentlichung von Geheiminformationen den Stein ins Rollen gebracht. „Ich wusste gar nicht, dass das Büro des EU-Parlaments in Washington als ein Ort für die Planung terroristischer Attentate angesehen wird“, kritisierte Schulz mit Ironie die Bespitzelung von EU-Institutionen und anderer EU-Mitglieder seitens der US-Geheimdienste.
„Die USA müssen sich dafür erklären und sich rechtfertigen“, forderte EU-Parlamentspräsident Schulz . Beide Seiten müssen „aufrichtig“ und „ehrlich“ miteinander umgehen, so Schulz weiter. „Es kann nicht sein, dass man uns um Hilfe bittet, einen Mann zu fangen, der die Regeln gebrochen hat, aber genau dieser Mann uns zeigte, dass sich die USA nicht an die Regeln hält“, so EU-Parlamentspräsident Schulz (SD).
Morales droht mit Schließung von US-Botschaft
Boliviens Staatschef Evo Morales hat unterdessen den USA mit der Schließung ihrer Botschaft in La Paz gedroht. Er scheue sich nicht vor der Schließung der Botschaft, sagte Morales am Donnerstagabend bei einem Sondertreffen mehrerer südamerikanischer Staatschefs im bolivianischen Cochabamba.
„Ohne die USA stehen wir politisch und demokratisch besser da, ohne die Weltbank und den Internationalen Währungsfonds geht es uns wirtschaftlich besser, deshalb brauchen wir sie nicht“, sagte Morales. Lateinamerika, China, Russland und einige europäische Staaten seien die neuen Alliierten Boliviens. Um Solidarität mit Morales zu demonstrieren, waren die Staatschefs von Ecuador, Venezuela, Argentinien, Uruguay und Suriname angereist. (APA/dpa/AFP)