Nachtlandung des Nationalrats in der Sommerpause
Bei der letzten regulären Sitzung des Nationalrats vor der Sommerpause wurden zahlreiche Beschlüsse gefasst. Unter anderem standen das Bankeninsolvenzrecht, die Reform des Mafia-Paragrafen oder das Verbot der „Bienenkiller“ auf der randvollen Tagesordnung.
Wien – Der Nationalrat hat in der Nacht auf Samstag sein offizielles Programm für die Gesetzgebungsperiode abgeschlossen. In der nach derzeitigem Stand letzten regulären Sitzung vor der Nationalratswahl Ende September wurde noch eine Reihe einigermaßen wichtiger Materien unter Dach und Fach gebracht, beispielsweise Bankeninsolvenzrecht, Reform des Mafia-Paragrafen oder Verbot der als „Bienenkiller“ bekannt gewordenen Neonicotionide.
Normalerweise ist der letzte Plenarfreitag vor der Sommerpause zu einer gnädigen Uhrzeit zu Ende. Angesichts der randvollen Tagesordnung und wohl auch dem anlaufenden Wahlkampf geschuldet, ging es diesmal jedoch bis weit nach Mitternacht und das, obwohl auch schon die Sitzungen am Mittwoch und Donnerstag Überlänge aufgewiesen hatten.
Angriffe auf Regierung in Causa Snowden
Dafür verantwortlich zeichnete weniger das BZÖ, das 100 liegen gebliebene Anträge am Ende der Sitzung letztlich doch im Block und damit flott, wenngleich erfolglos abstimmen ließ, als die Freiheitlichen, die in einer „Dringlichen Anfrage“ noch einmal den von Edward Snowden aufgedeckten Skandal um Abhörungen durch den US-Geheimdienst thematisierten. Die Regierung musste sich da vor allem blauer und grüner Angriffe erwehren, wonach man gegenüber den USA allzu nachsichtig sei. Kanzler Werner Faymann (SPÖ) versicherte dagegen, sich für vollständige Aufklärung einzusetzen.
So weit, dass man Snowden gleich in Österreich aufnehmen würde, ging man in der Koalition aber nicht. Ein Antrag der FPÖ mit diesem Ansinnen wurde nur von den Grünen und vom BZÖ unterstützt.
Dafür dass eine Wahl bevorsteht und in drei Tagen 48 Stunden debattiert wurde, verliefen die Aussprachen nicht übermäßig untergriffig. Das lag vielleicht auch daran, dass sich wie auch die Tage davor reihenweise Abgeordnete meistens ziemlich gerührt in den parlamentarischen Ruhestand verabschiedeten, darunter Urgesteine wie Kurt Gartlehner (SPÖ) und Gabriele Binder-Maier (SPÖ), die vor 23 Jahren erstmals ins Hohe Haus eingezogen waren. Fraktionskollege Kurt Gaßner nahm nach 17 Jahren nicht nur sprichwörtlich den Hut sondern setzte ihn am Rednerpult gleich auf.
Die Beschlüsse am letzten Tag waren freilich auch nicht sonderlich umstritten. Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP) wird froh sein, dass sich mit einem zunächst dreijährigen Neonicotionide-Verbot das Thema Bienen-Killen einmal fürs erste erledigt hat. Vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte vorgeschrieben wurde, dass gleichgeschlechtliche Paare in Zukunft das leibliche Kind des anderen Partners adoptieren können.
Mafia-Paragraf repariert
Und noch einmal hatte die ÖVP am Freitagabend zu kauen, nämlich bei der in agrarischen Teilen der Volkspartei umstrittenen Reparatur des „Mafia-Paragrafen“. Dieser war beim Wiener Neustädter Tierschützer-Prozess in Verruf geraten und wurde nun derart geändert, dass nur noch jene Gruppen unter diesem Titel verfolgt werden dürfen, die sich im großen Umfang finanziell bereichern wollen.
Der Bankenkrise geschuldet ist, dass Finanzinstitute künftig Sanierungs- und Notfallpläne vorbereitet haben müssen, um der Finanzmarktaufsicht ein früheres Eingreifen zu ermöglichen. Ein echtes Bankeninsolvenzrecht soll freilich erst folgen, wenn man sich in Europa auf einheitliche Bestimmungen geeinigt hat. Schon abgeschlossen ist seit Freitag dagegen die Reform der prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge, die unter anderem risikoärmere Veranlagungen ermöglicht.
Dafür dass Parlament und Regierung im Sommer nicht langweilig wird, sorgten die Abgeordneten nach Mitternacht noch selbst. Sie segneten eine Bestimmung ab, wonach auch in der tagungsfreien Zeit Anfragen an Regierungsmitglieder gestellt werden dürfen. Wann wieder im Plenum getagt wird, steht in den Sternen. Reguläre Sitzung ist bis zur Nationalratswahl am 29. September keine mehr anberaumt, allerdings ist von seitens der Opposition bis dahin einberufenen Sondersitzungen auszugehen. Allenfalls könnte der Nationalrat auch noch im September zu einem außertourlichen Plenum zusammentreten, um die Aufwertung von Volksbegehren zu beschließen, die derzeit erst im Begutachtungsstadium ist. Diese Option ließ sich die Koalition jedenfalls bis zuletzt offen. (APA)