Richterin drohte Stalker mit „nicht sehr netter“ Untersuchungshaft
Die Ex-Freundin des 19-Jährigen entschlug sich der Aussage, deshalb wurde der junge Mann nicht wegen Stalkings verurteilt. Die Vorsitzende drohte im Wiederholungsfall mit Untersuchungshaft und sagte: „Sie haben sicher in der Zeitung gelesen, dass es da für junge Leute nicht sehr nett ist“.
Wien - Weil er seine Freundin nach der Trennung bis zu 86 Mal an einem Tag angerufen hat, musste sich heute, Montag, ein 19-Jähriger am Wiener Straflandesgericht verantworten. Dass er schließlich doch nicht wegen Stalkings verurteilt wurde, verdankt der junge Mann seiner 23-jährigen Ex-Freundin, die sich der Aussage entschlug. Sechs Monate bedingt bekam er allerdings dennoch, weil er die Frau - mittlerweile Mutter des gemeinsamen Kindes - im Alkoholrausch geschlagen und getreten hatte.
„Das nächste Mal gehen sie in U-Haft“, drohte die Vorsitzende, „und sie haben sicher in der Zeitung gelesen, dass es da für junge Leute nicht sehr nett ist“, gab die Vorsitzende dem Angeklagten noch mit auf den Weg. „Sie brauchen ein Geständnis wie einen Bissen Brot“, appellierte Richterin Daniela Zwangsleitner davor an die Redefreudigkeit des 19-Jährigen. Doch der blieb kleinlaut, bestritt seine Ausraster größtenteils, weil er sich aufgrund schwerer Alkoholisierung nicht mehr daran erinnern habe können, und gab an, zu solchen Gewalttaten gar nicht fähig zu sein.
Ex-Freundin entschlug sich der Aussage
Die Einvernahme der wohl wichtigsten Zeugin, nämlich der ehemaligen Lebensgefährtin, gestaltete sich - zum Vorteil des Angeklagten - als überaus kurz. Sie entschlug sich der Aussage und verhalf damit dem 19-Jährigen, zu dem sie mittlerweile wieder ein gutes Einvernehmen pflege, schlussendlich zu einem Freispruch bezüglich der Stalking-Vorwürfe. Keine „Gnade“ kannte hingegen ein gemeinsamer Freund, der an einem jener Abende, wo reichlich Wodka konsumiert worden war, zwischen den beiden zu schlichten versuchte. Der 21-Jährige schilderte detailgenau, wie der Beschuldigte seine Freundin attackierte, die Wohnung demolierte und dafür sorgte, dass die Polizei gleich zweimal ausrücken musste.
Richterin Zwangsleitner verkündete nach etwa einer dreiviertel Stunde das Urteil: Sechs Monate bedingt auf drei Jahre wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung, dazu verordnete sie eine Anti-Gewalt-Therapie und stellte dem 19-Jährigen einen Bewährungshelfer zur Seite. „Ich trinke schon seit einem halben Jahr nichts mehr, ich hab jetzt ein Kind, da sieht man die Welt mit anderen Augen“, gelobte dieser Besserung. (APA)