Neue Extremisten-Angriffe auf dem Sinai, Verwirrung um Mursi
Die Gewalt nimmt im Norden der Halbinsel immer weiter zu. Für Verwirrung sorgte eine Meldung, nachdem der gestürzte Präsident Mursi wegen Spionage angeklagt werden sollte.
Kairo – Bewaffnete Extremisten haben im Norden der Halbinsel Sinai mehrere Kasernen und Polizeiwachen angegriffen. In der Provinzhauptstadt Al-Arish und in den Ortschaften Sheikh Zuwaid und Rafah an der Grenze zum Gazastreifen wurden in der Nacht zum Montag drei Zivilisten getötet, bestätigten Krankenhausärzte. In der Hauptstadt Kairo gab es indessen Verwirrung um eine angebliche Anklage gegen den gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi wegen Spionage für die USA. Die Staatsanwaltschaft und die Armee dementierten umgehend.
Die bewaffneten Auseinandersetzungen auf dem Sinai dauerten die ganze Nacht über an. Auch am Vormittag flogen noch Hubschrauber der Armee über dem Gebiet zwischen Al-Arish und der Grenze zum palästinensischen Gazastreifen. Bereits am Sonntag waren bei Kämpfen zwei Soldaten und ein Polizist ums Leben gekommen.
Auf dem Sinai tummeln sich seit dem Arabischen Frühling islamistische Milizen und Schmugglerbanden. Immer wieder gibt es Angriffe auf Sicherheitskräfte. Seit dem Sturz des islamistischen Präsidenten Mursi am 3. Juli haben sich die Aktivitäten der Extremisten verstärkt.
Für Verwirrung sorgte in der Nacht zum Montag eine Eilmeldung der Webseite der Tageszeitung „Al-Ahram“, wonach der vom Militär entmachtete islamistische Präsident Mursi wegen Spionage für die USA angeklagt werden sollte. Der Bericht erregte auch deshalb Aufsehen, weil „Al-Ahram“ als sehr staatsnah gilt. Doch Sprecher der Staatsanwaltschaft und der Armee bezeichneten die Nachricht kurz nach ihrem Erscheinen als „Falschmeldung“.
Mursis Familie wirft Armeechef „Entführung“ vor
Mursi wird seit seinem Sturz vom Militär an einem unbekannten Ort und ohne Anklage festgehalten. Die Familie des gestürzten Präsidenten will nun Armeechef Abdel Fattah al-Sisi wegen „Entführung“ vor Gericht stellen lassen. Es würden „rechtliche Maßnahmen auf lokaler und internationaler Ebene“ gegen „den Führer des blutigen Militärputsches und seine Putschisten-Gruppe“ unternommen, sagte Mursis Tochter Shaimaa Mohammed Mursi am Montag in Kairo. Al-Sisi und die Militärführung würden für die Gesundheit und Sicherheit ihres Vaters verantwortlich gemacht.
Verschwörungstheorien sind in Ägypten gang und gäbe und werden von großen Teilen der Bevölkerung inbrünstig geglaubt. So sind die Anhänger Mursis fest davon überzeugt, dass der „Militärputsch“ gegen ihn in Washington ausgekocht wurde, während die Mursi-Gegner zu wissen glauben, dass Mursi von den USA gesteuert gewesen sei.
EU-Außenminister fordern Freilassung
Die EU-Außenminister forderten am Montag die Freilassung Mursis und schnelle Neuwahlen in Ägypten. Zu den wichtigsten Aufgaben zähle nun neben einem Ende der politisch motivierten Festnahmen auch die Freilassung aller politischen Gefangenen, inklusive Mursis, hieß es in einer Stellungnahme. Die Minister zeigten sich „tief besorgt“ über die Lage in dem nordafrikanischen Krisenland. (APA/dpa/AFP)