ProSiebenSat.1-Chef lockt neue Investoren vor Eigentümerwechsel
Das boomende Internetgeschäft soll höhere Umsätze von zusätzlich 150 Millionen Euro bringen.
München/Unterföhring - Der deutsche Fernsehkonzern ProSiebenSat.1 lockt vor dem Ausstieg seiner Haupteigner neue Aktionäre mit der Aussicht auf schnelleres Wachstum. Angesichts boomender Zusatzgeschäfte im Internet stellte Vorstandschef Thomas Ebeling am Dienstag auf der Hauptversammlung in München in Aussicht, die mittelfristigen Umsatzziele zu erhöhen. Er verwies auf die zusätzlichen Umsatzpotenziale von 150 Millionen Euro bis zum Jahr 2015, die der Konzern bereits im Mai für sein Digitalgeschäft ausgemacht hatte.
„Wir werden diese weiter konkretisieren und gehen davon aus, dass wir das Wachstumsziel für das Segment Digital & Adjacent auf unserem kommenden Kapitalmarkt-Tag im Oktober sogar anheben können“, sagte Ebeling. Die ProSiebenSat.1-Aktie war mit einem Plus von 3,3 Prozent größter Gewinner im Nebenwerteindex MDax.
Rekordumsatz 2012
Das Zubrot mit Videos, Spielen, Musik und Handel im Netz bescherte dem Konzern 2012 einen Rekordumsatz und ein dickes Gewinnplus. Ein Kassenschlager ist vor allem die Partnerschaft mit Online-Händlern: ProSiebenSat.1 bietet den Unternehmen schwer verkäufliche Werbezeiten zu Vorzugspreisen an, steigert so deren Bekanntschaft und wird im Gegenzug am Geschäft beteiligt. Das Umsatzpotenzial von 150 Millionen Euro sieht Ebeling in Ergänzung zu dem von 2010 bis 2015 angestrebten Konzernwachstum um 600 Millionen Euro. Ende März hatte ProSiebenSat.1 knapp zwei Drittel dieses Ziels erreicht.
Ebeling bekräftigte die Ziele für das Gesamtjahr, ohne sich aber zum Geschäftsverlauf im ersten Halbjahr zu äußern. Die Zahlen sollen am 1. August veröffentlicht werden. 2013 will Ebeling den Umsatz mindestens im mittleren einstelligen Prozentbereich steigern und beim Betriebsergebnis (recurring Ebitda) den Vorjahreswert von 745 Millionen Euro übertreffen. „Dazu werden mit großer Wahrscheinlichkeit alle Segmente beitragen“, sagte der Vorstandschef. Dazu zählen neben Fernseh- und Onlinegeschäft auch Vertrieb und Produktion.
Kapitalbeschaffung
Die Haupteigner KKR und Permira leiten rund sechs Jahre nach dem Einstieg ihren Rückzug über die Börse ein. Auf der Hauptversammlung wollen die beiden Finanzinvestoren ihr Recht auf Alleinherrschaft aufgeben, um Aktionären das Unternehmen schmackhaft zu machen. Dafür sollen die börsennotierten, stimmrechtslosen Vorzugsaktien in stimmberechtigte Stammaktien umgewandelt werden. Die bisher vorhandenen Stammaktien liegen ausschließlich in den Händen von KKR, Permira und der niederländischen Mediengruppe Telegraaf.
Investoren ziehen sich schrittweise zurück
Ende August oder Anfang September dürfte die Umwandlung rechtlich in trockenen Tüchern sein. Mit der Zulassung der dann einheitlichen Stammaktien zum Börsenhandel ist für KKR und Permira der Weg frei, ihre Aktien wie geplant am Finanzmarkt abzustoßen. Mit steigendem Streubesitz könnten die ProSiebenSat.1-Aktien in den Leitindex Dax aufsteigen. In der Branche wird damit gerechnet, dass die Investoren sich schrittweise von ihren Anteilen trennen - den Anfang hatten sie bereits im Februar mit dem Verkauf ihrer Vorzugsaktien an mehrere Großanleger gemacht. Derzeit halten sie über ihre Holding Lavena 88 Prozent der Stammaktien, was 44 Prozent der Firmenanteile entspricht. (APA/Reuters)