„The Company You Keep“

Aufarbeitung einer amerikanischen Tragödie

Mit einem sensationellen Ensemble rekonstruiert Robert Redford in „The Company You Keep“ die Folgen des Vietnamkrieges für die Gesellschaft.

Von Peter Angerer

Innsbruck –Die Friedensbewegung, die sich 1967 in Washington zur großen Vietnamdemonstration versammelte, verfolgte Präsident Richard Nixon mit großer Wut, zugleich ließ er aber noch einen kleinen Spielraum für Humor. Als der Hippieführer Abbie Hoffman bei der Regierung den Antrag stellte, mit 1200 Menschen um das Pentagon einen magischen Kreis bilden zu dürfen, um nur mit geistiger Kraft den Gebäudekomplex 100 Meter in die Höhe zu heben, erhielt er einen positiven Bescheid, allerdings erstreckte sich die Genehmigung nur auf eine Höhe von drei Metern. Über die Kundgebung schrieb Norman Mailer mit dem Reportageroman „Heere aus der Nacht“ ein Schlüsselwerk der politischen Literatur in Amerika und betätigte sich dabei auch als Amateurpsychiater, denn der amerikanische Weg musste „zu einer latenten Schizophrenie führen, und so tief war das Land inzwischen in diese Krankheit verstrickt, dass die üblen Brutalitäten des Krieges in Vietnam als einzige, wenn auch nur vorübergehend wirksame Medizin übrig blieben. Denn Brutalität verschafft bekanntlich dem Schizophrenie-Erkrankten spürbare momentane Erleichterung. Und deshalb liebt der durchschnittliche, gut christliche Amerikaner den Krieg, denn er öffnet die Schleusen seiner aufgestauten Gefühle.“

Diese Diagnose übernimmt Robert Redford in seinem nüchtern erzählten Politthriller „The Company You Keep“. Unter den 100.000 Demonstranten gegen den Krieg in Vietnam befanden sich auch die Protagonisten seines Films, damals noch Studenten, die sich, vom FBI verfolgt, mit dem Zynismus der Mächtigen nicht abfinden wollten.

Nach der Wirkungslosigkeit des friedlichen Protestes bildeten sie die radikale Terrorgruppe Weather Underground. Zur Strategie der Gewalt gehörte die Zerstörung von Regierungsgebäuden, mit Banküberfällen wurden die Aktionen finanziert. Seither sind sie auf der Flucht oder leben mit neuen Identitäten in bürgerlichen Verhältnissen.

In den TV-Nachrichten ist die Verhaftung von Sharon Solarz (Susan Sarandon) zu sehen, die dem Druck nicht mehr gewachsen war und endlich die Wahrheit über dieses schmerzhafte Kapitel der amerikanischen Geschichte erzählen möchte. Der Bürgerrechtsanwalt Jim Grant (Robert Redford) sieht den reißerisch aufgemachten Bericht mit Besorgnis, der Reporter Ben Shepard (Shia LaBeouf) versteht zuerst einmal nichts und googelt. Dabei entdeckt er auf einem FBI-Steckbrief ein Porträt Grants, der erst seit 30 Jahren zu existieren scheint. Immerhin wird Grant als Nick Sloan und Mörder gesucht und Shepard könnte mit der Aufdeckung des Komplotts Karriere machen. Auch der Anwalt und alleinerziehende Vater einer Zwölfjährigen möchte die Wahrheit erzählen, die allerdings aus vielen Geheimnissen besteht, die alle zu seiner ehemaligen Geliebten Mimi Lurie (Julie Christie) führen. Jed Lewis (Richard Jenkins), der inzwischen in Stanford Geschichte lehrt, möchte sich an nichts mehr erinnern, während Donal Fitzgerald (Nick Nolte) zu seiner Geschichte steht.

Redford inszeniert das Drama um historische Irrtümer mit einer sensationellen Besetzung (Stanley Tucci, Sam Elliott, Brit Marling komplettieren das Ensemble) und abseits des aktuellen Hollywoodstils, indem er auf politische Aufklärung statt auf schrille Töne setzt.