Polsterschlacht um den Erdball

Vom kleinen Zierkissen bis zur üppigen Polsterlandschaft reicht die Palette der Möglichkeiten, um einen Wohnraum zu gestalten, aber auch um so manche harte Gartenbank etwas gemütlicher zu machen.

Von Ursula Philadelphy

Im Augenblick ist es wohl eher die Gartenbank, der das Augenmerk gilt, wenn man in der Kategorie Polster oder Zierkissen denkt. Eleonore von Aquitanien hat im 11. Jahrhundert derlei bis dahin in unseren Breiten unbekannten Zierrat, zusammen mit Teppichen und Vorhängen, von ihren Kreuzzügen mitgebracht und damit ihre Burgen in Frankreich und England wohnlicher gestaltet. Jüngst bei einem Sommerfest wurde ein leer geräumter Dachboden zur Partyhöhle umgestaltet und – na klar! – mit üppigen Polstern gemütlich gemacht. Im Trend liegen große Exemplare, die einen halben Meter im Quadrat messen und auf denen man sehr bequem sitzen kann. Unter Umständen lassen sich diese großen Kissen auch stapeln, wenn man die absolute Bodennähe weniger schätzt – oder zumindest Zweifel hat, ob man irgendwann auch wieder halbwegs elegant auf die Beine kommt. Aber auch im Bereich der Sofas setzen zurzeit zahlreiche Designer auf Modelle mit üppigen Polstern. Ein schönes und brandaktuelles Beispiel ist „Fly“, zu finden bei Studio Space Kopenhagen. Hier paaren sich nordische Reduktion und Avantgarde mit viel Gemütlichkeit. Die Basis des Sofas erinnert an die Klassiker des Nordens, die nonchalant zu drapierenden Polster sind ein Zeichen der Aktualität, ebenso wie die dezente Farbgebung und Kombination edler Stoffe und weicher Kissen mit massiver Eiche. Auf softe Kissen – sowohl was das Feeling als auch was die Optik betrifft – setzt auch Patricia Urquiola, die für Kartell den Sessel „Foliage“ entworfen hat. Ein Polster aus Polyurethanschaum, überzogen mit ganz weichem, in Blattform abgestepptem Stoff – und das alles auf vier Beinen! Das geht weit über den Zierpolstereffekt hinaus. Auch der aus den USA entlehnte Wohnzimmerlook mit tiefen Sofas steht und fällt mit der Fülle von Kissen, die dem Ganzen seinen superbequemen Touch verleihen. Im Prinzip hat man dabei die Möglichkeit, auf strikte Unitöne zu setzen, eventuell mit ganz zarten Changierungen. Grauvarianten sind ebenso beliebt wie Beigetöne, die haarscharf nebeneinander liegen. Oder aber man kann die Palette ganz bunt mischen, mit Kontrasten zum Beispiel die Farbwahl des gesamten Raumes zitieren oder konterkarieren. Damit lassen sich übrigens auch ganz leicht Farbwechsel herbeiführen, um dem Sommerfeeling das Wort zu reden oder im Winter auf mehr Gemütlichkeit und Fülle zu setzen. Nach diesem System lassen sich außerdem sowohl indoor als auch outdoor schon etwas in die Jahre gekommene Möbelstücke geschickt aufpeppen. Eine ganz spezielle Variante zum Thema Polster hat sich der aus New York stammende Designer und Inneneinrichter Jonathan Adler einfallen lassen. Er ist im Augenblick mit seinem „Happy Chic Stil“ bei den Reichen und Schönen sehr beliebt und setzt auf Spaß, Leichtigkeit und eine Prise Selbstironie, wenn es ums Einrichten geht. Er kann aber auch ganz anders. Sein Kontrastprogramm lautet „Aid to Artisans“ und damit unterstützt er junge Künstler und Handwerker aus Lateinamerika. So auch für das Zierkissen „Bargello Flame“, das ein wunderschönes Beispiel uralter italienischer Stickereikunst wiederbelebt. „Bargello“ weist auf den Palazzo del Bargello aus dem Florenz des 13. Jahrhunderts hin. Im Innenhof des Palazzos findet sich heute eine der bedeutendsten Skulpturensammlungen der Welt, mit Werken unter anderem von Donatelli, Michelangelo oder Benvenuto Cellini; im Palazzo selbst geht es aber um Schätze der Textilkunst und hier hat Jonathan Adler Anleihen genommen für seine mit feinsten Daunenfedern gefüllten und traditionell mit eleganter Langstichtechnik bestickten Kissen. Hergestellt übrigens im fernen Peru. Einen besonderen Charme haben auch textile Mitbringsel aus den diversen Urlaubsländern, die man zu schönen Polsterhüllen verarbeiten kann, um dann den Planeten in seinem Wohnzimmer oder auf der Gartenbank zu vereinen. Man kann aber auch auf nationale Töne setzen, sich den Charme Griechenlands mittels blauer Kissen ins Haus holen und ganz unterschiedliche Stoffqualitäten und Muster zu einem lebendigen Mix vereinen. In dieselbe Kerbe schlagen auch die zu Polsterüberzügen verarbeiteten Kelims, die zu simplen Holzsesseln sehr schön aussehen und so einem alten Stuhl ein ganz neues Gesicht verleihen.