Südtiroler Volkspartei verliert erstmals absolute Mehrheit
Die Partei des scheidenden Landeshauptmannes Luis Durnwalder verliert 2,4 Prozent und holt damit erstmals seit 1945 nicht die absolute Mehrheit. Zugewinne verbuchten Freiheitliche, Grüne und die Süd-Tiroler Freiheit. Die Wahlbeteiligung liegt mit 77,7 Prozent unter jener von 2008.
Bozen – Die seit 1945 mit absoluter Mehrheit regierende Südtiroler Volkspartei (SVP) hat mit dem 42-jährigen LH-Kandidaten Arno Kompatscher erstmals die absolute Mehrheit verpasst. Laut dem vorläufigen Endergebnis kommt die SVP auf 45,7 Prozent und büßt damit gegenüber 2008 2,4 Prozentpunkte ein.
Damit kann die Partei des scheidenden Landeshauptmannes Luis Durnwalder nur noch 17 Mandate im 35-köpfigen Südtiroler Landtag erobern. 2008 hatte die SVP mit 48,1 Prozent die Mandatsabsolute noch hauchdünn verteidigt. Eine neuerliche Koalition mit dem bisherigen Regierungspartner, der Demokratischen Partei (PD) gilt als wahrscheinlich.
Deutliche Gewinne gibt es für Freiheitliche und Grüne. Die FP konnte auf 17,9 Prozent zulegen (2008: 14,3), die Grünen auf 8,7 (2008: 5,8). Die Süd-Tiroler Freiheit kommt auf 7,2 Prozent (2008: 4,9). SVP-Koalitionspartner PD hat auch leicht an Stimmanteilen dazu gewonnen und liegt nun bei 6,7 Prozent (2008: 6,0). Die Wahlbeteiligung sank auf 77,7 Prozent (2008: 80,1 Prozent).
Durnwalder von FP-Erfolg überrascht
Luis Durnwalder zeigte sich in einer ersten Reaktion überrascht über das gute Abschneiden der Freiheitlichen. Damit habe er nicht gerechnet, meinte Durnwalder am Montag vor Journalisten in Bozen. Dass seine Partei die absolute Mandatsmehrheit verloren habe, sei zu respektieren. „In der heutigen Zeit ist es schwierig, absolute Mehrheiten zu halten“, sagte Durnwalder.
Bei der Landtagswahl 2008 sei das 18. SVP-Mandat gerade noch gehalten worden. Sollte mit dem PD wieder eine Koalition möglich werden, hätte man zusammen 19 Sitze. Für die SVP bedeute die neue Situation eine „Umstellung“ und die Notwendigkeit von mehr Einfühlungsvermögen für den Koalitionspartner.
Kompatscher will mit allen reden
SVP-Spitzenkandidat Komatscher will nun Gespräche mit allen Parteien suchen, sagte er nach einer Sitzung der Parteileitung in Bozen. Die weiteren Schritte wolle er mit den zuständigen SVP-Gremien absprechen, sagte Kompatscher. Man habe vom Wähler den Auftrag erhalten, das Land weiter zu regieren. Ziel sei, transparent für den Bürger zu arbeiten.
SVP-Obmann, LR Richard Theiner räumte ein, das Wahlziel der Mandatsabsoluten nicht erreicht zu haben. In den letzten Wochen habe man aber viel Boden gut gemacht, meinte der Parteichef.
FP-Chef Leitner kann sich Regierungsbeteiligung vorstellen
FP-Spitzenkandidat, LAbg. Pius Leitner zeigte sich enttäuscht, dass die SVP nicht mehr verloren habe. Angesichts des Skandals rund um den Landesenergieversorger SEL zweifle er am Demokratieverständnis, das Wahlergebnis sei aber zu respektieren. Er hoffe, dass die SVP nicht automatisch mit dem PD eine Regierung bilde. Von seiner Seite sei das letzte Wort über eine Regierungsbeteiligung der Freiheitlichen noch nicht gesprochen.
Der Grüne LAbg. Hans Heiss meinte, die Talsohle für seine Gruppierung sei durchschritten. Die SVP habe wegen der jüngsten Skandale Stimmen eingebüßt, die Unzufriedenheit der Wähler sei groß.
Der Spitzenkandidat der „Süd-Tiroler Freiheit“, LAbg. Sven Knoll, betonte, bei der Wahl seien jene Kräfte gestärkt worden, die sich für eine „Abspaltung von Italien“ aussprechen würden.
Die deutschsprachige Kandidatin des SVP-Koalitionspartners Partito Democratico (PD), Cornelia Brugger, nannte den Zuwachs der Partei von sechs Prozent auf nunmehr 6,7 Prozent eine „tolle Geschichte“. Es sei allerdings noch nicht ausreichend gelungen, auch „deutsche Wähler“ zu gewinnen und in den Zentren der autonomen Provinz zu reüssieren. Der PD bekomme nun in einer möglichen neuen Koalition mit der SVP „mehr Gewicht“.
Platter gratuliert SVP, Felipe sieht „grünen Aufwind“
Der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter gratulierte Arno Kompatscher in einer Aussendung zu einem „guten Ergebnis“ für die SVP. „Mit Luis Durnwalder ist am Sonntag eine Ära zu Ende gegangen“, so Platter. „Jetzt beginnt für Südtirol eine neue ‚Zeitrechnung‘, die Zukunft gehört Arno Kompatscher, der mit 70.000 Vorzugsstimmen auch persönlich einen tollen Erfolg feiern konnte.“
Die Tiroler grüne LHStv. Ingrid Felipe sah unterdessen durch die Wahl einen „grünen Aufwind“, der nicht nur in Tirol, sondern auch jenseits des Brenners wehe. Die 8,7 Prozent für die Grünen in Südtirol seien ein „historischen Wahlerfolg“, meinte Felipe in einer Aussendung. (tt.com, APA)