Blaues Auge für die Südtiroler Volkspartei
In den nächsten Tagen beginnen in Südtirol die Koalitionsverhandlungen. In der Südtiroler Volkspartei gab es nicht nur wegen des Verlustes der absoluten Mehrheit lange Gesichter.
Von Peter Nindler
Bozen – Zuletzt verspürten die Funktionäre der Südtiroler Volkspartei (SVP) Aufwind. Das Halten der absoluten Mehrheit schien wieder in greifbare Nähe gerückt zu sein, doch gestern fehlten 2,4 Prozentpunkte dafür. Erstmals, und das mussten die Parteigänger erst verkraften, war der Mythos von der Sammelpartei, die Südtirol absolut regiert, Geschichte. Es waren vor allem die deutschsprachigen Oppositionsparteien wie die Freiheitlichen oder die Süd-Tiroler Freiheit sowie die Grünen, die sich als ethnisches Bindeglied von deutsch- und italienischsprachigen Südtirolern verstehen, die die SVP unter die Absolute gedrückt haben.
„Wir haben die absolute Mehrheit an Mandaten leider nicht halten können und nehmen das Wahlergebnis mit Demut zur Kenntnis“, erklärte SVP-Obmann Richard Theiner. Landeshauptmannkandidat Arno Kompatscher, der LH Luis Durnwalder beerben wird, blickt bereits in die Zukunft: „Wir wollen transparent und gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern arbeiten.“ Mit 81.107 Vorzugsstimmen erreichte er persönlich ein ausgezeichnetes Ergebnis. Damit schnitt er sogar besser ab als Luis Durnwalder bei seinem ersten Antreten als SVP-Spitzenkandidat.
Mit Kompatscher haben sich auch die Unbequemen und Erneuerer in der SVP an der Wahlurne durchgesetzt. Während die Landesräte Thomas Widmann und Florian Mussner abgestraft wurden, der ehemalige SVP-Chef und Landesrat Elmar Pichler Rolle sogar aus dem Landtag gewählt wurde, katapultierte sich der ehemalige Gemeindepräsident Arnold Schuler auf Platz zwei hinter Kompatscher und Josef Noggler auf Platz acht. So sprach denn auch Luis Durnwalder davon, dass die ins Auge gefasste Erneuerung erreicht worden sei.
Für den Innsbrucker Politikwissenschafter Günther Pallaver ist deshalb auch der Handlungsspielraum von Arno Kompatscher größer geworden, „weil auch die kritischen Kräfte innerhalb der Partei dazugewonnen haben“. Außerdem werde sich Kompatscher in einer Koalitionsregierung leichter tun als Durnwalder. „Er bindet die Menschen mehr und hat ein anderes Politikverständnis. Das ist in einer Koalition sicher von Vorteil.“
Bei den deutschsprachigen Oppositionsparteien knallten die Sektkorken. Die Freiheitlichen etablierten sich mit den stärksten Zugewinnen als klare Nummer zwei, stellen sich aber wieder auf Oppositionspolitik ein. Die Freiheitlichen seien auch in der Opposition glücklich, meinte Parteichefin Ulli Mair. Sie kündigte eine konstruktive Oppositionspolitik im Landtag an.
Wie die Freiheitlichen konnte auch die Süd-Tiroler Freiheit ein Mandat dazugewinnen. Spitzenkandidatin Eva Klotz und Sven Knoll erklärten, dass bei der Landtagswahl jene Kräfte gestärkt worden seien, die sich für eine „Abspaltung von Italien“ einsetzen würden. Den Wiedereinzug schaffte das Wahlbündnis der Bürgerunion, die Linkspartei Partito Democratico avancierte zur stärksten italienischen Liste. Die Mitte-rechts-Parteien sind aufgesplittet, die Protestbewegung „Fünf Sterne“ von Beppe Grillo schaffte ein Mandat.