Natur

Kristallwelt mit Ablaufdatum gibt wertvolle Hinweise

Forscher leeren eine Kluft in der Glocknerwand. Erste Analyseergebnisse des spannenden Nationalparkprojekts werden in Matrei präsentiert.

Von Claudia Funder

Kals a. Gr. –Die Uhr tickt im Hochgebirge. Gletscher ziehen sich immer mehr zurück, Permafrost taut auf.

Vor etwa zehn Jahren kam durch diesen Prozess eine riesige alpine Kluft im Bereich der Glocknerwand ans Tageslicht, die einen mineralogischen Schatz barg. Da auch das ewige Eis ein Ablaufdatum hat, machten sich Forscher der Universität Graz (Institut für Erdwissenschaften) unter der Leitung von Franz Walter 2012 ans Werk, um zu retten, was noch zu retten ist. „In spätestens zehn Jahren wären die Mineralien durch den Rückgang des Permafrostes und Felsstürze für immer zerstört“, erklärt Franz Walter. Noch schlummerte der Löwenanteil der Kristalle unbeschädigt in 3650 Metern Höhe im Eis, nur wenig war bereits der fatalen Verwitterung zum Opfer gefallen.

Ziel des Dreijahresprojektes: der Erhalt der Mineralien für die Nachwelt sowie die Erforschung des geborgenen Materials. Rückschlüsse auf die geologischen Prozesse der vergangenen 20 Mio. Jahre sollen gezogen werden.

Die extreme Höhenlage lässt immer nur ein kleines Zeitfenster offen, das die Arbeit im Eis erlaubt – „einen Monat im Hochsommer“, betont Franz Walter. „Heuer war die Saison wetterbedingt mit knapp drei Wochen besonders kurz.“

Der Aufstieg stellt eine besondere Herausforderung dar. Bei der Überquerung des Gletschers ist ein Bergführer mit dabei. Genächtigt wird in der Stüdl- oder der Lucknerhütte. Die Bergung vor Ort sei, anders als man vermuten könnte, keine Schwerstarbeit, verrät Franz Walter: „Mit einem Gasbrenner wird das Eis um die Kristalle geschmolzen.“ Dann werden die glitzernden Objekte herausgehoben.

Dass der außergewöhnliche Arbeitsplatz durchaus auch Gefahren birgt, zeigte sich im Vorjahr. „Am 24. August kam es zu einem Steinschlag genau über der Kluft, der eine hölzerne Transportkiste aus der Verankerung schlug“, erinnert sich Franz Walter. Der Inhalt, wertvolle Objekte und Proben, wurden dabei zerstört. Personen kamen bei dem Vorfall glücklicherweise nicht zu Schaden.

Zur Erforschung der Bildungsbedingungen alpiner Klüfte reiche Kleinmaterial aus, erklärt Franz Walter. Der Großteil der ansprechenden Schauobjekte soll künftig im Glocknerhaus Kals ausgestellt werden. Verhandlungen dazu würden laufen. Wand und Mineralien sind übrigens im Besitz des Oesterreichischen Alpenvereins.

Am 8. November um 20 Uhr hält Franz Walter im Matreier Kesslerstadl einen Vortrag, bei dem er anhand von Fotos über die Kristallbergung berichtet und Einblick in erste wissenschaftliche Ergebnisse des Projektes gibt. Mineralien sind ab 19 Uhr in der Schau „Wege ins Freie“ zu sehen.

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Catharina Oblasser

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