Spürhunde für die verbotenen Trüffeln
Im deutschen Wald verrotten Millionenwerte. Nicht nur in Frankenreich und Italien, wo dies ein riesiger Wirtschaftszweig ist, auch in Mitteleuropa wachsen Trüffeln. Ein Bayer bildet Hunde zur Suche nach den Edelpilzen aus – dabei ist die Ernte für Verkauf und Verzehr eigentlich strengstens verboten.
Plötzlich geht ein Ruck durch Emmy. Der schwarze Mops mit dem rosa „Prinzessin“-Halsband schwenkt um und hält zielstrebig auf das gelbe Plastik-Ei zu – gefunden. Zur Belohnung gibt es von Frauchen Nathalie Blum etwas Leberwurst aus der Tube. Die Schatzsuche auf der Streuobstwiese soll aus Emmy einen Trüffelhund machen: In der Plastikhülle steckt ein Stück des begehrten Edelpilzes, den es zu erschnüffeln gilt. Und Emmy schlägt sich gar nicht schlecht, obwohl kurzschnäuzige Hunde eigentlich nicht für eine besonders gute Trüffelnase bekannt sind. „Sie war die Beste im Kurs“, sagt Christian Gold. Der kernige 39-Jährige mit kurzen, dunklen Locken und Outdoor-Hose bildet seit einigen Monaten im unterfränkischen Erlabrunn Trüffelhunde aus. Eine Seltenheit. „Deutschland ist ja ein totales Entwicklungsland, trüffel-mäßig“, sagt er. Während Suche und Anbau von Trüffeln in Frankreich und Italien weit verbreitet und ein wichtiger Wirtschaftszweig sind, ist die Trüffelsuche hierzulande etwas für Liebhaber. Die Pilze stehen unter Artenschutz, die Ernte für Verkauf oder Verzehr ist streng verboten.
Das war nicht immer so: Die deutschen Fürsten waren im 18. Jahrhundert auf den Geschmack der dunklen Knollen gekommen. Der Autor Christian Volbracht spricht in seinem Buch „Trüffeln. Mythos und Wirklichkeit“ von einer regelrechten „Trüffelmania“: Bayerns Kurfürst Max Emanuel stellte 1718 einen „Tardüflen Jäger“ ein, in verschiedenen Gegenden versucht man sich in der Zucht. Der Historiker Rengenier Rittersma notiert, bis spät in die 1920er Jahre sei Deutschland eine Trüffelnation gewesen – wenn auch eine verspätete, die den Franzosen und Italienern stets hinterherhinkte.
Christian Gold führt einen Burgundertrüffel zur Nase – von ihm steigt der typisch erdig-fruchtige Geruch auf. Gut 40 Trüffelarten hat der beurlaubte Lehrer bei seinen Streifzügen schon entdeckt, vor allem im Wald um Würzburg. Er selbst darf dank einer Ausnahmegenehmigung zu Forschungszwecken zugreifen. Sein Eindruck: Selten sind Sommertrüffeln, zumindest in einigen Regionen, überhaupt nicht. Er fordert deshalb, das strikte Verbot zu überdenken. „Da verrotten Millionenwerte.“ Im Grunde gebe es die tonnenweise in Deutschland, bestätigt Volbracht. Er glaube aber, dass das Verbot nicht fallen werde – zumal auch viele Trüffelfreunde es grundsätzlich begrüßen, weil die Edelpilze häufig in Biotopen wachsen. Zugleich gibt es seit einigen Jahren erste Versuche, hierzulande wieder Trüffeln anzubauen. Die Zucht ist legal. Volbracht beschreibt eine enthusiastische, kleine Trüffelszene – und warnt vor einer „großen Hoffnungsmacherei“. Denn, ob sich der Anbau rentiere, müsse sich erst noch zeigen.
Durchaus kritisch hinterfragt Julian Heiermann, Artenschutzexperte beim Naturschutzbund, die Trüffelhundekurse. „Das ist ein bisschen so, als würde ich Leute ausbilden, Autos aufzubrechen“, sagt er. Christian Gold betont dagegen, er weise die Teilnehmer darauf hin, dass sie keine Trüffeln sammeln dürfen. Und: „Ich suche ja auch Mithelfer für die Forschung.“ Zudem stehe ein Großteil der Trüffelarten gar nicht unter Schutz, nur eben die besonders wertvollen. Für Hundebesitzerin Nathalie Blum geht es ohnehin weniger um die Trüffeln – sondern eher um das Suchspiel mit Emmy. (dpa)