Die CSI Postkarte erforscht aussagekräftiges Kleinod
Lange wurde der Postkarte aus wissenschaftlicher Sicht wenig Beachtung geschenkt. Heute kennt man die Bedeutung des 8,5 mal 14 cm großen Kartons.
Von Alexandra Plank
Innsbruck – „Es ist unglaublich, wie viele Informationen dieses Stück Karton liefert“, sagt Lukas Morscher, Leiter des Innsbrucker Stadtarchivs. 8,5 mal 14 cm messen die Karten, die uns heute als nette Urlaubsreminiszenzen gelten. Immer stärker wird der handgeschriebene Gruß von SMS und MMS in den Hintergrund gedrängt. „Das ist schade, weil dadurch ein schöpferischer Akt und eine Kulturform verloren gehen. E-Mails oder SMS sind nur ein Routinehandgriff. Um eine Postkarte zu verschicken, muss man einiges an Aufwand auf sich nehmen“, erklärt der Stadtarchivar.
Am 1. Oktober 1869 erschien bei der österreichisch-ungarischen Post die von Emanuel Herrmann entwickelte Correspondenzkarte mit eingedrucktem Postwertzeichen. Die Rückseite der Correspondenzkarte konnte bei Erscheinen der Karten zur Vereinfachung frei beschrieben werden. „Die Postkarte war von Beginn an ein Massenprodukt. Bereits im ersten Monat verkaufte sie sich 1,4 Millionen Mal“, erzählt Morscher. Im Ersten Weltkrieg seien zehn Milliarden Postkarten und Briefe verschickt worden, weiß der Historiker.
Lange wurde die Erforschung der Postkarte vernachlässigt, so Morscher. Vor Kurzem führte das Stadtarchiv eine interne Weiterbildung durch, bei der sich die Mitarbeiter intensiv mit dem kleinen Stück Karton beschäftigten. Als Erstes fällt bei einer Postkarte der Blick natürlich auf das Motiv. Bei Aufnahmen von Stadtteilen, siehe Beispiel oben, kann man nicht nur erkennen, wie die damalige Siedlungsstruktur ausgesehen hat, sondern erhält auch zahlreiche Informationen über die einstige Lebensweise. Interessant ist auch, dass früher auf den Karten nicht nur ein Stempel von der Stadt, in der die Postkarte aufgegeben wurde, sondern auch vom Empfangsort aufschien. „Es ist erstaunlich, wie schnell die Karten transportiert wurden. Anfang des 20. Jahrhunderts hat eine Karte von Innsbruck nach Graz nur einen Tag gebraucht. Die heutige Post braucht teilweise dreimal so lange, wie die Karten früher unterwegs waren“, so Morscher.
Es gab ganz verschiedene Anlässe, um Postkarten zu verschicken. Besonders beliebt waren Karten mit Liebespaaren, andererseits wurden die Postkarten aber immer auch für Propaganda genützt. Interessant ist, dass es von einem Motiv verschiedene Varianten gibt. „Bei den Postkarten wurde auch viel getrickst. Da wurden Dinge in das Foto hineinmontiert, die gar nicht da waren“, erläutert Morscher. Von einer Karte der Prater Hauptallee gebe es 79 verschiedene Versionen. Wer nun denkt, dass alte Postkarten generell einen großen Geldwert haben, irrt. Es gibt aber auch Ausnahmen wie etwa die 500 bis 600 Motive der Wiener Werkstätten, die bei Auktionen mehrere hundert Euro pro Karte erzielen können.
Besonders aussagekräftig sind auch Postkarten, auf denen berühmte Persönlichkeiten miteinander korrespondieren. „Es ist erstaunlich, was für intime Dinge die Menschen per Postkarte ausgetauscht haben, aber heute stellen die Leute ja auch Privates auf Facebook“, erklärt Morscher.
Zu den Schätzen des Stadtarchivs gehört ein Briefwechsel zwischen einem Mann und der Mizzi aus Kundl, die sich von 1898 bis 1930 regelmäßig geschrieben haben. Den Mann hat es auch nach Leipzig und Triest verschlagen und von jeder Reise hat er seiner Mizzi eine Karte geschrieben. „Es ist spannend zu sehen, wie sich die Beziehung in all den Jahren entwickelt hat“, so der Innsbrucker Stadtarchivar.