Schwere Vorwürfe gegen Ex-Leitung von britischer „News of the World“
Zwei Tage erst dauert die Beweisaufnahme im Prozess um illegales Abhören bei Murdoch-Zeitungen - doch schon tun sich Abgründe auf. Ein Privatdektiv erhielt von Journalisten sehr viel Geld für schmutzige Geschäfte - und die Hauptangeklagten waren ein Liebespaar.
London - Im Prozess gegen die Hauptfiguren im Skandal um illegale Abhörpraktiken bei Zeitungen des Murdoch-Imperiums im Großbritannien sind neue Vorwürfe aufgekommen. Die ehemalige Verlagsmanagerin Rebekah Brooks und der spätere Regierungssprecher von Premierminister David Cameron, Andy Coulson, müssten von den Praktiken gewusst haben, erklärte die Staatsanwaltschaft unter Berufung auf Zeugen.
Sie hätten Zahlungen an einen Privatdetektiv abgesegnet, der über 400 000 Pfund (rund 500 000 Euro) erhalten haben soll. Die beiden waren nacheinander Chefredakteure der 2011 eingestellten Skandalzeitung „News of the World“.
Während des Verfahrens am Donnerstag wurde zudem bekannt, dass Brooks und Coulson (beide 45) zwischen 1998 und 2004 eine Liebesbeziehung unterhielten. Dies wurde aus einem Brief von Brooks an Coulson deutlich, den Staatsanwalt Andrew Edis dem Gericht vorlegte. „Er wusste, was sie wusste, sie wusste, was er wusste“, sagte der Anklagevertreter.
Die Beweisaufnahme für den in Großbritannien lange erwarteten Prozess hatte am Mittwoch begonnen. Die insgesamt acht Angeklagten bestreiten, an den Abhörpraktiken beteiligt gewesen zu sein. Allerdings hatten außerhalb des Verfahrens drei weitere ehemalige Mitarbeiter der Skandalzeitung auf „schuldig“ plädiert.
Das Verfahren, das bis zu sechs Monate dauern könnte, dreht sich um drei Anklagepunkte: das Abhören von Telefonaten, Bestechung von Beamten und Behinderung polizeilicher Ermittlungen. Unter anderem geht es um das Abhören der Mailbox eines vermissten britischen Schulmädchens, das 2002 schließlich ermordet aufgefunden wurde. Zu den Opfern zählten zudem Stars wie Paul McCartney und der Schauspieler Jude Law sowie Politiker, Mitglieder der Königsfamilie und Angehörige getöteter Soldaten.
Die Affäre hatte in Großbritannien eine grundsätzliche Diskussion über die Rolle der Medien ausgelöst. Queen Elizabeth II. hatte am Mittwochabend gegen den Willen eines Teils der Medienwirtschaft eine sogenannte Royal Charter auf Vorschlag der Regierung unterzeichnet. Demnach muss es künftig einen Presserat geben, der von einem unabhängigen Gremium überwacht wird. Mehrere Verlage kündigten an, dagegen gerichtlich vorzugehen. (dpa)