Assads Truppen auf dem Vormarsch: Tauziehen um Genfer Konferenz
Das syrische Regime verbucht im Krieg gegen die Rebellen Bodengewinne. Auf dem diplomatischen Parkett kommen die Bemühungen um eine Syrien-Friedenskonferenz nur schwer vom Fleck.
Damaskus/Moskau - Im syrischen Bürgerkrieg sind die Truppen von Präsident Baschar al-Assad derzeit auf dem Vormarsch. In der Provinz Aleppo brachten sie in der Nacht zum Freitag nach tagelangen Kämpfen die Stadt Al-Safira unter ihre Kontrolle. Das meldete die Organisation Syrischer Menschenrechtsbeobachter. Auch in der Ortschaft Al-Sbeina südlich von Damaskus sollen die Regierungstruppen die Rebellen zurückgedrängt haben.
Wie die Syrischen Menschenrechtsbeobachter berichteten, würden Assads Truppen an diesem Frontabschnitt von Kämpfern der libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah unterstützt. Darüber hinaus würden auch Kämpfer der in mehreren Staaten rekrutierten Schiitenmiliz Abu al-Fadhl al-Abbas zum Einsatz kommen.
Auch in und rund um Damaskus lieferten sich Soldaten und Rebellen heftige Gefechte. In dem Ort Sbene wurden die Regierungstruppen dabei nach Angaben der Opposition von der libanesischen Hisbollah sowie anderen Milizen und ausländischen Kämpfern unterstützt.
Israel bombardierte offenbar Luftwaffenstützpunkt
Israel hat Medienberichten zufolge einen Luftwaffenstützpunkt im Nordwesten Syriens bombardiert, um Waffenlieferungen für die libanesische Hisbollah-Miliz zu stoppen. Der Angriff habe sich gegen eine Lieferung von Boden-Luft-Raketen für die Hisbollah gerichtet, meldete der Sender Al-Arabiya am Donnerstag. Ein Vertreter der US-Regierung bestätigte einen israelischen Angriff, nannte aber keine weiteren Details.
Die israelischen Raketen hätten einen Stützpunkt in der Provinz Latakia getroffen, berichtete Al-Arabiya unter Berufung auf „exklusive Quellen“. Während die israelische Regierung den Bericht nicht kommentierte, bestätigte ein US-Regierungsvertreter der Nachrichtenagentur AFP einen israelischen Angriff. Weitere Einzelheiten zu dem Einsatz nannte er zwar nicht, fügte aber hinzu, dass Waffentransporte für die Hisbollah schon früher das Ziel solcher Luftangriffe gewesen seien.
Vorbereitungen zur Friedenskonferenz geraten ins Stocken
Nicht nur die Kämpfe nährten Zweifel, ob mit einer baldigen Entspannung in dem seit mehr als zweieinhalb Jahren anhaltenden Syrien-Konflikt zu rechnen ist. Auch bei den Bemühungen um die Friedenskonferenz zeichnet sich kein echter Fortschritt ab. Russland hat Hoffnungen auf eine baldige Friedenskonferenz zur Lösung des Syrien-Konflikts gedämpft. „Ich hoffe, dass es möglich sein wird, dass die Konferenz bis Ende des Jahres stattfindet“, sagte Ministerpräsident Dmitri Medwedew in einem am Freitag veröffentlichten Reuters-Interview. Die Einflussmöglichkeiten auf die syrischen Konfliktparteien seien aber begrenzt. Auch der UN-Sondergesandte Lakhdar Brahimi wollte sich nicht auf den 23. November festlegen, der zuletzt als Termin für die bereits mehrfach verschobene Konferenz im Gespräch war. „Wir hoffen, dass es in den kommenden Wochen so weit sein wird, nicht nächstes Jahr oder danach.“
Bedeutende Teile der Opposition sträuben sich gegen eine Teilnahme an der am 23. und 24. November geplanten Konferenz und rechnen mit einer Verschiebung des Termins. Die verbleibende Zeit reiche nicht aus, um die Vorbereitung für das Treffen abzuschließen und die Rahmenbedingungen abzustecken, sagte Nadschib Ghadban, der Repräsentant des Syrischen Nationalen Allianz in den USA, der Zeitung „Al-Sharq Al-Awsat“.
Opposition gegen Teilnahme an Genfer Konferenz
Grund für die stockenden Verhandlungen zur Friedenskonferenz sind nach Angaben von Diplomaten anhaltende Differenzen zwischen den USA und Russland. Beide Großmächte sind uneins darüber, wie die Gegner von Präsident Baschar al-Assad in Genf vertreten sein sollen. Die syrische Opposition ist zudem darüber zerstritten, ob sie einen Rücktritt Assads zur Bedingung für eine Konferenzteilnahme machen soll. Dazu sagte Medwedew: „Er ist nicht verrückt. Er benötigt irgendeine Form der Garantie ... für sein persönliches Schicksal.“ Schließlich wolle Assad nicht das Los anderer Machthaber wie Husni Mubarak in Ägypten oder Muammar Gaddafi in Libyen teilen.
Brahimi sagte nach seiner Rückkehr aus Damaskus in Beirut, es gebe eine Übereinkunft, wonach die Teilnahme an einer zweiten Genfer Konferenz nicht von irgendwelchen Vorbedingungen abhängen werde. Melhem Drubi vom oppositionellen Syrischen Nationalrat sagte prompt, eine solche Erklärung Brahimis überrasche und interessiere ihn auch nicht. „Unsere Gruppe, der Rat, hat sich bereits getroffen und entschieden, dass wir in Genf nicht teilnehmen werden“, sagte er in einem Telefonat mit Reuters. Die Rebellen-Dachorganisation Nationale Koalition habe sich noch nicht festgelegt, ob sie der Konferenz beiwohnen werde. „Aber allgemein ist die Stimmung jetzt dagegen.“
Völlige Vernichtung der syrischen Chemiewaffen bis Mitte 2014
Syriens enger Verbündeter Russland rechnet mit einer völligen Vernichtung der syrischen Chemiewaffen bis Mitte 2014. Das sagte Vizeaußenminister Sergej Rjabkow nach einem Gespräch mit der Giftgas-Expertin Sigrid Kaag von den Vereinten Nationen (UN) am Freitag in Moskau. Er gehe davon aus, dass nicht alle Kampfstoffe in Syrien selbst zerstört werden könnten, sagte Rjabkow. Moskau schätzt die Kosten der Vernichtung auf Hunderte Millionen US-Dollar.
Syrien hatte seine Anlagen zur Herstellung von Chemiewaffen im Vormonat fristgerecht zerstört. Jetzt müssen noch die existierenden Bestände an chemischen Waffen vernichtet werden, wofür der UN-Sicherheitsrat eine Frist bis Mitte 2014 gesetzt hat. Die Niederländerin Kaag leitet den gemeinsamen Einsatz der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) und der UN in Syrien. (dpa/Reuters/AFP/APA)