Bedenken gegen deutsche Pkw-Maut für Ausländer mehren sich
Sowohl die CDU als auch deutsche Branchenverbände geben sich bezüglich der PKW-Maut für Ausländer skeptisch. Die SPD kritisiert EU-Kommissar Kallas.
Berlin - Die deutsche Pkw-Maut ist eines der großen Streitthemen in den schwarz-roten Koalitionsverhandlungen und sorgte auch in Österreich für hitzige Diskussionen. Die CDU hat weiterhin Bedenken. Auch Branchenverbände warnen jetzt vor den CSU-Plänen. Die SPD ärgert sich über den EU-Kommissar, der Seehofer Rückenwind verschaffte.
CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe hat die Bedenken seiner Partei gegen die Einführung einer Pkw-Maut für Ausländer bekräftigt. Zuvor hatte der EU-Verkehrskommissar Siim Kallas dargelegt, dass die von der CSU geforderte Variante einer Erhebung für alle Autos bei gleichzeitigem Kfz-Steuernachlass für inländische Fahrer grundsätzlich möglich sei.
„Unterschiedliche Signale aus Brüssel“
Gröhe sagte der Zeitung „Die Welt“ (Online, Print: Montag), es gebe „durchaus unterschiedliche Signale aus Brüssel, ob eine Pkw-Maut für Ausländer mit dem Europarecht vereinbar ist oder nicht“. In seiner Partei gebe es aber Zweifel, „die über europarechtliche Fragen hinausgehen“.
Er erinnerte zudem an den grenzüberschreitenden Verkehr etwa mit den Niederlanden und Belgien, wo es keine Pkw-Maut gibt. Eine Pkw-Maut könne dann „eine Mautpflicht für uns auch in diesen Ländern nach sich ziehen“, erklärte Gröhe. Einig seien sich CDU, CSU und SPD, dass sie jede Mehrbelastung der deutschen Autofahrer ablehnen und die Verkehrsinfrastruktur verbessern wollen.
Verbände warnen vor Maut-Plänen
Der Bundesverband der Deutschen Tourismuswirtschaft (BTW) hat Union und SPD vor der Einführung einer Pkw-Maut in Deutschland gewarnt. BTW-Generalsekretär Michael Rabe sprach in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Samstag) von einer Gefahr für tausende Arbeitsplätze. „Nachdem die EU-Kommission signalisiert hat, grundsätzlich keine rechtlichen Einwände gegen eine Pkw-Maut für Ausländer zu haben, ist die Versuchung natürlich groß, eine solche Reform zu beschließen. Aber sie würde Mobilität und Tourismus in und nach Deutschland weiter verteuern und damit zu einer schweren Belastung für die Branche werden.“
Rabe sagte, die Pkw-Maut würde sich nahtlos in eine ganze Reihe von Zusatzkosten einfügen, die den Touristen in den vergangenen Jahren bereits aufgebürdet worden seien - von Bettensteuern bis zur Luftverkehrsteuer. „Auch wenn das Reiseziel Deutschland derzeit bei in- und ausländischen Gästen äußerst beliebt ist, dürfen Geduld und Geldbeutel der Besucher nicht endlos strapaziert werden.“ Deutschland stehe als Reiseziel im harten Wettbewerb zu ausländischer Konkurrenz. „Eine immer länger werdende Liste an Zusatzgebühren und Steuern sind ein klarer Wettbewerbsnachteil.“
Der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie, Matthias Wissmann, warnte im Magazin „Focus“ vor der Abschaffung der Kfz-Steuer im Gegenzug zur Einführung einer Pkw-Vignette. „Die CO2-basierte Kfz-Steuer belohnt den Kauf umweltfreundlicher Fahrzeuge und hat somit eine ökologische Lenkungswirkung.“ Ein solches Instrument solle man nicht leichtfertig aus der Hand geben.
Pkw-Maut als Ziel bis 2016
Das Bundesverkehrsministerium arbeitet laut „Focus“ bereits an einer Pkw-Vignette für alle, die deutsche Autofahrer mit der Kfz-Steuer verrechnet bekommen. Unions-Mitglieder der Arbeitsgruppe Verkehr sagten dem Magazin, im Koalitionsvertrag solle die Pkw-Maut nur als Ziel bis 2016 formuliert werden. Die Umsetzung einer Vignette werde der Bund erst danach in einem Gesetz regeln.
Der amtierende Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zeigte sich offen für die Einführung einer Pkw-Maut. Er sagte dem Berliner „Tagesspiegel am Sonntag“, es sei gut, dass die EU-Kommission bestätigt habe, dass es für den Wunsch der bayerischen Staatsregierung Wege gebe.
Steinmeier kritisiert Kallas
Der SPD-Bundestagsfraktionschef Frank-Walter Steinmeier kritisierte die Stellungnahme von EU-Verkehrskommissar Siim Kallas zu den rechtlichen Möglichkeiten einer Pkw-Maut. „Ich finde es unverantwortlich, dass ein EU-Kommissar seine Einzelmeinung mitten in die Koalitionsverhandlungen platzen lässt“, sagte er der „Bild am Sonntag“. Die EU-Kommission hatte allerdings Mutmaßungen zurückgewiesen, einer Maut schon grünes Licht gegeben zu haben. Die Behörde in Brüssel werde keiner Maut-Regelung zustimmen, die mit einer willkürlichen Schlechterstellung von Ausländern einhergehe.
Die Grünen-Vorsitzende Simone Peter sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“, das CSU-Modell für eine Pkw-Maut sei weder gerecht noch ökologisch. Viel- und Wenigfahrer würden „über einen Kamm geschoren“ und ausländische Autofahrer gegenüber inländischen klar benachteiligt. „Die Pkw-Maut kann also kein Weg sein, Mittel für die Infrastruktur zu generieren“, meinte Peter. „Wir sollten stattdessen die Lkw-Maut zu einer Logistik-Abgabe für Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen auch auf Bundesstraßen ausweiten. Denn die Lkw verursachen die Schlaglöcher und nicht die ausländischen Autofahrer.“
Im deutschen Wahlkampf und zuletzt auch in den schwarz-roten Koalitionsverhandlungen hatte die CSU auf die Einführung einer Pkw-Maut gedrungen. Deutsche Autofahrer sollen bei der Kfz-Steuer entlastet werden, so dass die Maut letztlich nur ausländische Fahrer belasten würde. Innerhalb der Union sind die Pläne umstritten. (dpa, tt.com)