USA bereit zu Verzicht auf Industriespionage
Die NSA-Spähaffäre belastet das deutsch-amerikanische Verhältnis weiterhin schwer. Laut einem Medienbericht sind die USA bereit, in einem bilateralen Abkommen mit Deutschland auf Industriespionage zu verzichten.
Washington – Die USA sind laut einem Medienbericht bereit, in einem bilateralen Abkommen mit Deutschland auf Industriespionage zu verzichten. Das berichtete das Magazin „Der Spiegel“ am Samstag, nachdem eine hochrangige deutsche Delegation am Mittwoch im Weißen Haus über eine Vereinbarung auf gegenseitigen Spionageverzicht verhandelt hat.
Die Sicherheitsberaterin des US-Präsidenten, Susan Rice, hat sich demnach aber nicht abschließend zum Wunsch der Deutschen geäußert, im Vertrag auf die Überwachung des jeweiligen Regierungschefs und ohne Erlaubnis auf technische Aufklärung im jeweils anderen Land zu verzichten.
Ferner soll der Direktor des US-Geheimdiensts NSA, Keith Alexander, eingeräumt haben, dass das Handy der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel überwacht wurde. Bei einem Treffen im Büro der demokratischen Senatorin Dianne Feinstein, an dem auch der EU-Parlamentarier Elmar Brok teilnahm, soll Alexander auf Feinsteins Frage, ob Merkel abgehört werde, geantwortet haben: „Nicht mehr“, berichtet das Magazin unter Berufung auf Teilnehmer des Treffens. Die NSA habe dazu nicht Stellung nehmen wollen.
Deutsche Bundestags-Vizepräsidentin kündigt Strafantrag an
Die deutsche Bundestags-Vizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) will wegen der Abhörmaßnahmen der NSA einen Strafantrag stellen. Ihre Mitarbeiter prüften derzeit, gegen wen sich ein solcher Strafantrag richten müsse, sagte Roth in einem Interview mit dem Deutschlandfunk, das am Sonntag ausgestrahlt werden sollte. Roth bezeichnete die Überwachungsmaßnahmen des US-Geheimdienstes als „ungeheuerlichen Provokation“.
Die Affäre bedeute eine „Kernschmelze der Demokratie“, kritisierte Roth weiter. Es werde systematisch jeder verdächtigt. Das dürfe sich niemand bieten lassen. Die Vizepräsidentin des Bundestages rief Politiker dazu auf zu prüfen, ob auch sie abgehört worden seien. Roth reagierte damit auf Medienberichte, nach denen neben der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auch Vorsitzende der im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien auf den Überwachungslisten der NSA standen.
Roth forderte zudem dazu auf, die Verhandlungen zwischen der EU und den USA über ein Freihandelsabkommen auszusetzen. Es gehe bei der Abhöraffäre auch um Wirtschaftsspionage, sagte Roth.
USA und Australien spionierten auf UNO-Klimakonferenz
Unterdessen werden immer mehr Detail der Abhörmaßnahmen bekannt. Laut einem Zeitungsbericht haben die NSA und der australische Geheimdienst DSD während der UNO-Klimakonferenz im Dezember 2007 gemeinsam die indonesischen Sicherheitsbehörden ausgespäht. Ziel sei es gewesen, die Telefonnummern der indonesischen Sicherheitsvertreter zu sammeln, um sie für den Notfall zu kennen, zitiert die australische Ausgabe der britischen Zeitung „Guardian“ am Sonntag einen NSA-Bericht aus dem Jahr 2008.
Demnach war die Mission nicht besonders erfolgreich. Ihr „Höhepunkt“ sei die Handynummer des Polizeichefs von Bali gewesen, hieß es in dem Bericht weiter. Die Zeitung beruft sich in ihrem Bericht auf Dokumente des ehemaligen US-Geheimdienstmitarbeiters und Aufdeckers Edward Snowden.
Zuvor hatten China und Indonesien bereits auf Aufklärung über die US-Geheimdienstprogramme gepocht, nachdem die australische Zeitung „Sydney Morning Herald“ über US-Spionageeinrichtungen im Osten und Südosten Asiens berichtet hatte. Unter anderem sollen die USA von ihrer Botschaft in Jakarta aus Telefonate und Telekommunikationsdaten überwacht haben. Demnach soll auch Australien an den US-Geheimdienstaktivitäten in der Region beteiligt gewesen sein. (APA/dpa/AFP)