EU

Der Anti-Plastiksackerl-Pakt

Plastiksackerln sind praktisch. Doch was dem Kunden hilft, kann der Umwelt schaden. Im Meer sammelt sich der Kunststoffmüll; Fische fressen die Teilchen. Brüssel will den Verbrauch der Beutel deshalb senken.

Brüssel –Es gibt sie in allen erdenklichen Farben und Größen – Plastiksackerln. EU-Umweltkommissar Janez Potocnik sagt ihnen angesichts der Umweltprobleme, die sie erzeugen, heute den Kampf an. Er will, dass sich die EU-Staaten eigene Ziele zur Verminderung des Verbrauchs leichter Plastiktaschen setzen. Denn vor allem die leichten Sackerln sind dem EU-Kommissar ein Dorn im Auge, weil sie als Einwegprodukte gedacht sind und daher eine besonders schlechte Ökobilanz aufweisen. Außerdem sollen die Regierungen die Sackerln künftig ganz verbieten oder Gebühren erheben können. Ein Ziel wäre, dass im Jahr 2020 jeder EU-Bürger im Schnitt jährlich nur noch rund 40 Plastiktüten verbraucht.

1 Das Problem: Es soll zwar ein Mythos sein, dass sich im Nordpazifik eine Plastikmasse von der Größe des US-Bundesstaates Texas drehe. Dennoch reicht die Zahl und die Größe der Müllteppiche bei Weitem aus, dass sich jährlich Hunderttausende Vögel und Meeressauger im Kunsttoffmüll verheddern oder dass sie gar an ihm ersticken. Eine Untersuchung toter Eissturmvögel an der Nordseeküste habe gezeigt, dass 95 Prozent der Vögel im Durchschnitt 30 Kunststoffteile im Körper gehabt hätten, betont das deutsche Umweltbundesamt.

Plastik hat zudem eine sehr lange Abbauzeit und zersetzt sich zum Teil in immer kleinere Teile, wobei Additive wie Weichmacher oder Flammschutzmittel freigesetzt werden. Dort, wo besonders viel Plastikteilchen schwimmen, spricht man übrigens von Müllstrudeln: Hochrechnungen zufolge ist dort von sechsmal mehr Plastikteilen als Planktonorganismen auszugehen. Über Fische können diese letztlich wieder beim Menschen auf dem Teller landen. Es wird geschätzt, dass rund 80 Prozent des Meeresmülls vom Land komme, laut Umweltbundesamt vor allem über Flüsse oder über große küstennahe Mülldeponien, etwa im Mittelmeerraum.

Der Wiener Werner Boote hat das Plastikproblem in seinem Film „Plastic Planet“ zum Thema gemacht.

2 Alternativen. Es muss nicht unbedingt der Jutebeutel sein. Wer seinen Einkaufskorb einmal vergessen hat, kann inzwischen auch auf abbaubare Einweg-Taschen zurückgreifen. So bietet auch ein Schwazer Unternehmen Tragetaschen an, die aus nachwachsenden Rohstoffen und nicht aus fossilen, sprich Erdöl, hergestellt sind.

3 Gegenmaßnahmen. In vielen EU-Ländern werden die Einweg-Einkaufstaschen immer noch umsonst abgegeben, zum Großteil ja auch in österreichischen Bekleidungsgeschäften. Die EU-Kommission will den Ländern freie Hand lassen, wie sie die Plastiksackerlflut eindämmen wollen. Einige Beispiele gibt es schon: In Kanada werden seit 2007 Plastiktaschen nicht mehr kostenlos abgegeben, in China seit 2008. In England will die Regierung künftig die Einzelhändler zu einer Gebühr von fünf Pence pro Stück (etwa sechs Cent) verpflichten. In Irland werden bereits 22 Cent Plastiktüten-Abgabe eingehoben.

Italien hat die Plastiksackerln 2011 sogar verboten. Nur noch Tragtaschen aus biologisch abbaubarem Material sind seither erlaubt. Da solche Verbote bislang ja gegen EU-Recht verstoßen, hat die EU ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Italien eingeleitet. Geht die Initiative aus Brüssel durch, wird dieses Verfahren wohl eingestellt werden. (sta)